Willich „Novuss“ — eine Art Billard auf Lettisch
Im Kudl in Neersen ging es um alte Gesellschaftsspiele aus verschiedenen Ländern.
Neersen. Auf dem Spieltisch liegen noch fünf schwarze und vier rote Steine. Ähnlich wie beim Billard müssen diese in die vier Taschen an den Ecken der ein mal einen Meter großen Spielfläche versenkt werden. Die ehemalige SPD-Politikerin und Buchautorin Renate Tippmann, mittlerweile 83 Jahre alt, hat das Queue, den Stock, in der Hand und versucht, die Schlagscheibe so zu treffen, dass dadurch ihre eigenen Steine in die Taschen platziert werden. Sie macht das schon ganz gut. Gespielt wird im Kudl in Neersen.
Alexander Grosny, Übungsleiter
Die Räume an der Hauptstraße 81 sind schon lange für den Deutsch-Lettischen Freundeskreis die zentrale Anlaufstelle, dort wird geklönt, gebastelt, gekocht und musiziert. Kudl steht nämlich für „Kultur, Unterhaltung, deutsch-lettisch“. Jetzt sind es beim spielerischen Abend alte Gesellschaftsspiele. So unter anderem das eingangs beschriebene Spiel „Novuss“, das aus Lettland kommt und dort schon vor mehr als 100 Jahren gespielt wurde.
Wolfgang Brock, langjähriger Geschäftsführer des Freundeskreises, hatte von dem lettischen Spiel erfahren und im Internet nach entsprechenden Anbietern gesucht. Und dabei den Kölner Verein IATSG kennen gelernt. IATSG? Die Initialen stehen für „The International Association for Traditional Sports und Games“.
Der stellvertretende Vorsitzende, Alexander Grosny (61), der an diesem Abend der Übungsleiter ist, erklärt: „Wir wollen an die alten Gesellschaftsspiele erinnern und zeigen, dass diese Art der Kommunikation auch heutzutage noch wertvoller ist, als sich stundenlang allein mit Laptops oder I-Phones zu beschäftigen.“ Draußen steht der Spiele-Bus des Vereins, der auch Senioreneinrichtungen, Grundschulen und Straßenfeste mit seinem Zubehör anfährt. Grosny: „Derzeit haben wir zwölf verschiedene Spiele und Spieltische, die wir aufbauen können, außerdem Info-Material für mehr 200 andere.“
Der Traum des Vereins ist der Aufbau eines kleinen Museums in Köln. Vier Spiele hat Grosny diesmal mitgebracht. Beim französischen „Cubuto“ geht es darum, das Spielbrett so in der Balance zu halten, dass die Kugeln in die richtigen Vertiefungen fallen, für die es die meisten Punkte gibt. Beim „Jakkolo“ müssen die Scheiben abwechselnd durch vier kleine Öffnungen am Ende des Spieltisches geschoben werden. Und beim „Table à Elastique“ werden die Steine durch ein Gummi beschleunigt durch die Mitte ins gegnerische Feld geschossen. Wer alle Steine im Feld des Gegners hat, gewinnt.
Gerade wird ein Doppel mit den Eheleuten Peter und Hildegard Herber-Spahn (die Freundeskreis-Vorsitzende) sowie Renate Tippmann und Linda Vorna gespielt. Es steht nach zwei Spielen 1:1 unentschieden. Die 35-jährige Lettin Linda Vorna, die in Alt-Willich wohnt, hatte aus der Zeitung von diesem Spieleabend erfahren. „Hier komme ich jetzt öfter hin“, sagt sie. Worauf sie gleich Hildegard Herber-Spahn einlud: „Am 18. November feiern wir hier ab 15 Uhr den lettischen Nationalfeiertag.“