Stamm St. Tönis feiert Geburtstag Pfadfinder erleben einen Boom

St. Tönis · Am 20. August feiern die St. Töniser Pfadfinder Geburtstag: Der Stamm wird 90 Jahre alt. Gerade bei den Kindern sind die Pfadfinder sehr beliebt. Wieso es einen Aufnahmestopp gibt und wie gefeiert wird.

Die St. Töniser Pfadfinder planen derzeit ihr Fest zum 90-jährigen Bestehen.

Foto: Norbert Prümen

„Sie sind sehr gut geworden“, sagt Kristina Tyralla. Kaum hat die Kuratorin vom Vorstand der Pfadfinder des Stammes St. Tönis ausgesprochen, öffnet sie einen Beutel und gibt den Blick frei auf das, was so gut geworden ist. Es handelt sich um die neuen Aufnäher für die Kluft der knapp 100 Mitglieder. Eine gelbe Linie vor der schwarzen Silhouette der Stadt Tönisvorst auf blauem Grund, darum herum die Farben der einzelnen Pfadfinderstufen sowie der Schriftzug „1932–2022 – 90 Jahre“. Es handelt sich um die Aufnäher anlässlich des 90-jährigen Bestehens der St. Töniser Pfadfinder. Die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Stamm St. Tönis, wird 90 Jahre alt und feiert das am Samstag, 20. August, mit einem Fest in der Rotzenburg, wie das Vereinsheim an Rosental 10d in St. Tönis heißt.

„Wir feiern mit Spiel, Spaß und Verpflegung mit allen Aktiven, Ehemaligen sowie denjenigen, die sich mit den Pfadfindern verbunden fühlen oder sie kennenlernen wollen“, sagt Maria Kohnen vom Vorstand. Pfadfinder sein ist in der heutigen Zeit gefragter denn je. Der Pfadfinderstamm verzeichnet gerade bei den Wölflingen eine starke Nachfrage. „Wir haben bei den Wölflingen derzeit einen Aufnahmestopp. Es gibt eine Warteliste“, informiert Cedric Peltzer vom Vorstand.

Zwar sind ein Dutzend Leiter im Einsatz, aber weitere Leiter werden gesucht. Gerade die Jüngeren brauchen noch eine intensivere Betreuung. Die Wölflinge richten sich an Kinder im Alter von sieben bis zehn Jahren, wobei in dieser Stufe nach Mädchen und Jungen getrennt wird. Von elf bis 13 Jahren geht es gemischt zu den Jungpfadfindern. Von 13 bis 16 Jahren können Jugendliche die Stufe Pfadfinder nutzen, und bis 21 Jahre kann man der Gruppe der Rover angehören. Ab 18 Jahren steht jedem Pfadfindermitglied zudem die Möglichkeit offen, Leiter zu werden. „Eine Möglichkeit, die auch Quereinsteiger ergreifen können“, sagt Kohnen.

Der freundschaftliche und rücksichtsvolle Umgang miteinander sowie der wertschätzende Umgang mit der Natur stehen bei allen Pfadfinderstufen im Mittelpunkt. Altersgerecht werden in den wöchentlichen Gruppenstunden Angebote entsprechend der Jahreszeit gemacht, angefangen vom Taschenmesserführerschein bis hin zum Bauen von  Schwedenstühlen. Die Wegzeichen der Pfadfinder werden genauso gelernt wie der Umgang mit Karte und Kompass. Es gibt gemeinsame Fahrten und Lager, darunter auch internationale Begegnungen. Dazu gehört das alle vier Jahre stattfindende Weltpfadfindertreffen. Diese Treffen führen rund um die Welt. Die St. Töniser Pfadfinder waren so unter anderem schon in Kanada, Japan und Schweden.

„Pfadfinder duzen sich alle. Das gilt auch für den schwedischen König, den wir 2011 beim Weltpfadfindertreffen in Schweden kennengelernt haben. Er ist Pfadfinder und wurde dementsprechend geduzt“, berichtet Rainer Tetzlaff, der sich immer wieder gern an die Begegnung mit dem König und seinem Security-Personal in Pfadfinderkluft erinnert. Tetzlaff selbst, heute einer der Leiter der Wölflinge, war 23 Jahre lang Vorsitzender vom Stamm St. Tönis und blickt damit auf die längste Amtszeit zurück.

Was die Geschichte des Stammes St. Tönis betrifft, war es indes so, dass die Idee des englischen Lord Baden Powell, dem Gründer der Pfadfinder, 1932 in St. Tönis ankam. Die ersten Jugendlichen, damals allesamt junge Männer, schlossen sich der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg an. Zu den Pionieren zählten damals Johannes Geraedts, Johannes Seelinger, Hans Ridders, Hans Schnöring und Norbert Stammes. „Mein Onkel gehörte damals mit zu den Gründungsmitgliedern“, berichtet Tetzlaff.

Während des NS-Regimes wurden die Pfadfinder, wie alle katholischen Jugendverbände, verboten. In St. Tönis traf man sich zunächst heimlich weiter, und das ohne das Tragen der Kluft, um nicht aufzufallen. In den folgenden Kriegswirren zerfiel die Gruppe. Sie erwachte 1945 nach Ende des Krieges wieder. Eine Gartenlaube diente als erster Treffpunkt. Die Mitgliederzahl stieg kontinuierlich. 1971 erfolgte der Eintrag ins Vereinsregister.

Das Jahr 1996 brachte ein bedeutsames Ereignis: die Grundsteinlegung für die Rotzenburg. Über 15.000 Stunden Eigenleistung erbrachten die Mitglieder im Laufe der Bauzeit. Drei Jahre später stand der schmucke, 300 Quadratmeter große Bau mit Saal, Küche, Sanitäranlagen und Lager auf dem 2500 Quadratmeter großen Grundstück der katholischen Kirchengemeinde St. Tönis.

„Zur Finanzierung unserer Pfadfinderaktivitäten vermieten wir unser Haus auch für Feiern wie Taufen, Geburtstage und Co.“, informiert Kohnen. Ansonsten sind es die Mitgliederbeiträge, die Altkleidersammlung und der Glühweinstand an St. Martin, die gemeinsam für einen Finanzierung des Stammes St. Tönis sorgen.