Willicher Kulturprogramm Thomas Freitag – ein Idealist mit Verve für Europa

Neersen · Der politische Kabarettist überzeugte mit treffenden Analysen und unbändiger Spielfreude.

Kabarettist Thomas Freitag (68) hat mit ungebremster Spielfreude sein Neersener Publikum unterhalten. Foto: KVV

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„Europa, der Kreisverkehr und ein Todesfall“ heißt das aktuelle, wenn auch schon zwei Jahre alte Programm von Thomas Freitag. Trotzdem: Motte im Neersener Schloss ausverkauft. Kein Wunder! Der mittlerweile 68 Jahre alte Schauspieler und Kabarettist, der im Düsseldorfer „Kom(m)ödchen“ einst mit Lore Lorentz auf der Bühne stand, ist ein Schwergewicht seiner Zunft. Politisches Kabarett und unbändige Spielfreude kamen beim Publikum an.

Der barocke Kleinkunst-Fürst beherrscht sein Metier. Mit analytischem Denken, hoher Parodie-Kunst und seiner humanistischen Bildung ist Thomas Freitag auch im Herbst 2018 über alle Zweifel erhaben. Sein Programm ist ein Plädoyer für Europa. Freitag zieht sämtliche Register. Immer, wenn er von der Bühne verschwindet, kommt er als ein anderer wieder.

Der EU-Beamte Peter Rübenbauer, der für die in Deutschland so unbeliebten Kreisverkehre zuständig war und der in einem solchen ums Leben kommt, wird immer wieder abgelöst von den unterschiedlichsten Charakteren.

Da ist etwa der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde, der stark an Franz-Josef Strauß erinnert und der durch die EU das Kulturgut „Leberkäse“ bedroht sieht. Thomas Freitag zeichnet Bilder, die im Gedächtnis haften bleiben. Er arbeitet mit Metaphern. Die Lage Griechenlands beleuchtet er als Zeus – ein Gott, der in einer griechischen Taverne, die einem Deutschen gehört, Gläser blitzblank putzt. „Wir sind eine Lachnummer“, sagt Zeus und für Freitag ist die Zeit reif, die 40 Jahre „Ouzo aufs Haus“ zurückzuzahlen.

Thomas Freitag hatte nach der Schule zunächst eine Lehre in einer Bank absolviert. Jetzt plädiert er vehement dafür, dass die EU jeden Preis wert ist, dass wir nicht so kleinlich sein sollen, dass die fleißigen Deutschen ruhig den Hang zum Müßiggang in Ländern wie Griechenland finanzieren sollen. Sein Argument: „Jesus hat schließlich auch nicht gearbeitet.“

Er stellt „die Evangelen“ an den Pranger, die das Leistungsprinzip in die Welt gebracht haben. Er tut das nicht einfach so, sondern tritt als evangelischer Selbstmordattentäter auf mit einem Sprengstoffgürtel aus alten Birkenstock-Latschen und bestückt mit Strümpfen, die seit der Zeit der Friedensbewegung nicht mehr gewaschen wurden. Seine Hoffnung im Jenseits: 36 Sozialpädagoginnen mit Wollpullovern.

Thomas Freitag definiert einen Zyniker so: „Er ist ein Mensch, der von allem nur den Preis kennt, nicht den Wert.“ Er kritisiert scharf Egoismen, vor allem in den osteuropäischen Ländern, prangert Polen an, das gerade einmal 400 Flüchtlinge aufgenommen habe. „Europa, der Kreisverkehr und ein Todesfall“ ist geprägt von sehr viel Idealismus.