SPD stellt „Abtrünnigen“ ein Ultimatum
Der Landesverband fordert Theresa Stoll, Detlef Nicola und Martin Dorgarthen dazu auf, aus der „Für Willich“-Fraktion auszutreten. Dafür gibt die Partei ihnen eine Woche Zeit.
Willich Die drei Willicher SPD- und Ratsmitglieder Theresa Stoll, Detlef Nicola und Martin Dorgarthen haben Post vom Landesverband der SPD: Darin werden sie aufgefordert, aus ihrer neu gegründeten „Für Willich“-Fraktion auszutreten. Eine Woche haben sie dafür Zeit — tun sie dies nicht, gelte das als Austritt aus der Partei. Hintergrund: In der vergangenen Woche hatten die drei Politiker die „Für Willich“-Fraktion im Stadtrat gegründet, nachdem sie aus der SPD-Fraktion ausgetreten waren. Parteimitglieder sind die jedoch nach wie vor — was den Sozialdemokraten auf Orts- und Landesebene aber gar nicht gefällt.
Laut Dietmar Winkels, Willicher SPD-Parteivorsitzender, hat der Ortsverband mit dem Schreiben des Landesverbandes nichts zu tun. Es geschehe automatisch, wenn der Landesverband Wind von Vorfällen wie dem in Willich bekomme. Unglücklich wäre man allerdings nicht, wenn Stoll, Nicola und Dorgarthen ausgeschlossen würden oder selbst aus der Partei austreten würden. Die Atmosphäre ist vergiftet. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Bernd-Dieter Röhrscheid hatte die drei nach ihrem Austritt aus der Fraktion aufgefordert, ihre Ratsmandate niederzulegen, da sie nicht direkt in den Rat gewählt wurden, sondern über die Liste eingezogen sind.
Martin Dorgarthen
Martin Dorgarthen beeindruckt das Schreiben des Landesverbandes nicht: „Es entfaltet keinerlei Rechtskraft.“ In der Tat besagt Paragraf 20 der SPD-Bundesschiedsordnung, dass die „gleichzeitige Mitgliedschaft in einer anderen konkurrierenden politischen Partei oder Wählervereinigung“ mit der Mitgliedschaft in der SPD unvereinbar sei — nicht aber die Zugehörigkeit zu einer anderen Fraktion. Laut Bernd-Dieter Röhrscheid würde vor Gericht in diesem Zusammenhang aber eine Fraktion mit einer Partei oder einer Wählervereinigung gleichgestellt. Schließlich sei eine Fraktion eine konkurrierende Organisationsform. „Aber das müssen dann Gerichte entscheiden“, so Röhrscheid.
Dorgarthen selbst wäre auch nicht sonderlich traurig, wenn er aus der SPD austreten müsste, wie er bekennt. Für ihn sei die „Schmerzgrenze allmählich erreicht“. Anders sieht das aber bei Theresa Stoll und Detlef Nicola aus, die nach eigenem Bekunden „Sozialdemokraten aus Überzeugung“ sind.
Aus diesem Grund haben die drei Politiker nach der jüngsten Ratssitzung auch eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie sich von einer Aussage des SPD-Fraktionsmitglieds Ralf Oerschkes distanzieren. Bei der Diskussion über das Fremdwassersanierungskonzept in Anrath hatte dieser gesagt, in Anrath gebe es nicht so viele arme Rentner. „Gerade die Bezieher kleinerer Renten und Pensionen würden durch die aufzubringenden Eigenmittel überproportional belastet und bedürfen verstärkter Unterstützung und Hilfestellung“, schreiben der Fraktionsvorsitzende Nicola, seine Stellvertreterin Stoll und Geschäftsführer Dorgarthen.
Wäre das Konzept beschlossen worden, wären auf viele Anrather Hausbesitzer Kosten von rund 10 000 Euro und mehr zugekommen. Die SPD-Fraktion stimmte als einzige Fraktion geschlossen dafür, die CDU hatte im Vorfeld wieder und wieder die Entscheidung verschoben und immer wieder neuen Beratungsbedarf angemeldet, bis sie schließlich in der jüngsten Ratssitzung gegen das Konzept stimmte, womit nun quasi wieder „alles auf Anfang“ gestellt wurde.
Das habe ihn durchaus geärgert, gibt Oerschkes zu. Vor allem das Argument, dass man die hohen Kosten „armen Rentnern“ nicht zumuten wolle, findet er nicht redlich. „Eigentum verpflichtet nun mal. Und wer ein Haus hat, kann so arm nicht sein.“ Natürlich wisse er, dass es in Anrath durchaus arme Rentner gibt, betont Oerschkes und gesteht ein, dass er diese Aussage durchaus provokant gemeint und in Rage getroffen habe. msc