Tauschaktion: Bleistift ist jetzt 250 Euro wert
Der Versuch, sich reich zu tauschen, läuft gut. Der Wert des Stiftes hat sich verhundertfacht. Doch dann geht plötzlich nichts mehr.
Willich/Tönisvorst. Fast wäre mein nächster Tausch am Zahnarzt gescheitert. Als ich bei Spielwaren Lessenich in Tönisvorst auf der Matte stehe, um wie versprochen meinen Foto-Gutschein im Wert von 30 Euro gegen ein Hochglanz-Poster zu wechseln, ist Steffan Lessenich nicht da. „Beim Zahnarzt“, sagt sein Bruder. Auch von dem Poster ist weit und breit nichts zu sehen. Um etwas Druck aufzubauen, lasse ich den Gutschein dort und fahre zurück in die Redaktion.
So plötzlich mit leeren Händen dazustehen, ist ein komisches Gefühl. War es das etwa schon mit dem Projekt „Ich tausche mich reich“ (siehe Kasten)? Doch der Plan geht auf. Noch im Auto ruft Steffan Lessenich an. Und gute Nachrichten hat er auch: Er hat jetzt schon jemanden gefunden, der das Hochglanz-Poster, auf dem das Stadion von Borussia Mönchengladbach zu sehen ist, haben möchte. Und dieser Handel hat es echt in sich. Wir verabreden, uns in seinem Geschäft zur Übergabe zu treffen.
Am Freitag ist es dann endlich soweit. Zwei Gegenstände wechseln ihren Besitzer. Von Steffan Lessenich bekomme ich das versprochene Bild. Möglicherweise plagt ihn dabei ein schlechtes Gewissen, dass die erste Übergabe gescheitert ist, denn nun hat er es auch noch rahmen lassen. „Jetzt ist es sogar 50 Euro wert“ sagt er und grinst.
Dann taucht der nächste Tauschpartner auf. Andreas Kaluza ist Inhaber der Werbeagentur „concept tomorrow“ mit Sitz in Tönisvorst. Er ist mit Steffan Lessenich befreundet. „Als ich von der Aktion gehört habe, war mir sofort klar, dass ich das Poster haben will“, sagt er. Ah, ein echter Borussia-Fan? „Das auf jeden Fall — aber von der anderen Borussia, Borussia Dortmund“, antwortet er. Das verstehe ich nicht. Und das Poster? „Das bekommt ein guter Freund von mir, den will ich damit überraschen.“
Im Gegenzug überreicht er mir einen Gutschein seiner Firma. Weil ich die Summe vorher schon kannte, bin ich nicht ganz so erschrocken. „250 Euro“ steht dort. „Den Gutschein kann man zum Beispiel für die Erstellung eines neuen Visitenkarten-Designs verwenden. Oder als Anzahlung für ein neues Firmenlogo oder eine Webseite“, sagt Kaluza. Den Gutschein, gibt er mir noch mit auf den Weg, könnte ich bestimmt leicht weiter tauschen. „Es gibt so viele Firmen mit unvorteilhaftem Logo und schlecht designte Webseiten.“
Weil ich bislang immer in Tönisvorst getauscht habe, beschließe ich, nach Willich zu fahren. Etwas ziellos laufe ich durch die Innenstadt. 250 Euro ist schon eine Menge Geld. Mein Blick fällt auf einen Blumenladen, eine Bäckerei und eine Apotheke. Was könnten sie mit mir tauschen? Brötchen und Aspirin im Wert von 250 Euro? Oder die Kneipe da an der Ecke. So viel kann man doch gar nicht trinken.
Dann taucht ein Juwelier auf: H. J. Heintges. Das ist es. „Sie sind doch der Mann von der Zeitung“, sagt Inhaberin Roswitha Heintges als sie mich sieht und ich ihr mein Anliegen vortrage. Sie hat schon von der Aktion gelesen — den Gutschein kann sie allerdings nicht gebrauchen. „Da kommen Sie etwas zu spät.“
Ja, vier Monate, um genau zu sein. Denn so lange ist es her, dass sie das Design ihres Ladens komplett hat überarbeiten lassen. Und da wird auch langsam das Problem deutlich, das sich ergibt, wenn man immer weiter tauschen möchte. Bei 250 Euro hört der Spaß auf. Da handelt niemand mehr aus Nettigkeit. Wenn ich diesen Gutschein also loswerden möchte, muss ich jemanden finden, der ihn wirklich brauchen kann.
Ich suche weiter, frage mich durch und fühle mich inzwischen eher wie ein Verkäufer als ein Tauschhändler. „Super Gutschein, kann man ganz viel mit machen!“ Nach zwei Stunden wird klar: Am Freitag werde ich keinen Erfolg mehr haben. Für diesen Tag gebe ich auf. Und weil es demnächst weitergehen soll, hier mein Aufruf.
“ Können Sie unseren Gutschein gebrauchen? Und wollen Sie gegen etwas tauschen? Dann melden Sie sich in unserer Redaktion unter Telefon 02151/855 2884 oder per E-Mail: redaktion.willich@westdeutsche-zeitung.de