Tönisvorst: Therapie im Raumanzug
Von Geburt an sitzt Viviane Gengnagel (14) im Rollstuhl. Durch die Adeli-Methode kann sie jetzt laufen.
<strong>Tönisvorst. "Zwölf Jahre in Therapien haben Viviane nicht soviel gebracht wie diese zwei Wochen." Sylvia Gengnagel ist begeistert. Ihre Tochter, die 14-jährige Viviane, hat von Geburt an eine Tetraspastik, das heißt, sie ist an Armen und Beinen spastisch gelähmt. Im Sommer hat sie eine zweiwöchige Therapie in dem Kurort Piestany in der Slowakei gemacht. Im Juli verbrachte die Tönisvorster Familie ihren Urlaub im Adeli-Therapiezentrum. "Ich bin im Internet auf Adeli gestoßen", erinnert sich Mutter Sylvia, die OP-Schwester im Antoniuszentrum ist. Hauptbestandteil der Adeli-Therapie ist ein Anzug, der für die sowjetische Raumfahrt entwickelt wurde. In diesem laufen die Patienten dann eigenständig. "Das war sehr anstrengend", erinnert sich die 14-jährige Viviane stöhnend. "Zwei Stunden lang musste ich mit dem Anzug rumlaufen oder an der Sprossenwand aufstehen und mich wieder hinsetzen." Zu der Adeli-Therapie gehören auch Ganzkörpermassagen oder Logopädie. "Das Schöne ist gerade, dass man nicht nur Arbeit hat, sondern auch Entspannung", findet Mutter Sylvia.
"Der Erfolg ist unglaublich", freut sich Harald Gengnagel, der beim Bauhof der Stadt Tönisvorst arbeitet. "Selbst seit dem Sommer hat sich noch viel getan. Mittlerweile läuft sie selbstständig und mit geraden Beinen." Viviane konnte sich vorher nur im Rollstuhl fortbewegen. Auch ihre Artikulation und die Bewegungen ihrer Hände haben sich verbessert.
Viviane war ein Frühchen, kam in der 28.Schwangerschaftswoche auf die Welt, wog nur 1030Gramm. "Mir war Fruchtwasser abgegangen", erinnert sich Sylvia Gengnagel. Das Baby kam per Kaiserschnitt, musste in einen Brutkasten. "Nach sechs Wochen wurde bei einer Untersuchung festgestellt, dass sie einen Defekt hat, der das Bewegungszentrum betrifft", erinnert sich die 51-jährige Mutter. "Es war ein Schock!"
Von Anfang an musste Viviane Krankengymnastik machen. Früher kam eine Physiotherapeutin zu ihr, mittlerweile ist sie auf der Gerd-Jansen-Schule in Krefeld, dort hat sie zweimal die Woche Krankengymnastik.
Gengnagels haben schon mehrere Therapien ausprobiert, doch keine half so gut wie die in Piestany. "Es ist sehr mühsam, man muss alles selbst suchen", berichtet Sylvia Gengnagel. Hinzu kommen die enormen Behandlungskosten, die von der Kasse nicht übernommen werden. "Alles steht und fällt mit dem Geld", sagt der Vater(46). "Wir machen alles, was wir uns leisten können."
Die Adeli-Therapie sollte mehrmals wiederholt werden, daher waren Vater und Tochter im Oktober wieder in der Slowakei. Der nächste Termin folgt im Februar. Auch zu Hause trainiert Viviane, jeden Tag läuft sie am Rollator. "Ich bin schneller als mein Vater", freut sie sich. Anfangs schaffte sie zehn Meter auf dem Gartenweg, nun sind es zwei Straßen, etwa 400 Meter.
Für Vivianes Zukunft wünschen sich die Eltern, dass sie ihr Leben allein meistern kann. Familie Gengnagel hofft, dass Viviane einmal ganz auf den Rollstuhl verzichten kann. Und die 14-Jährige hat auch noch andere Pläne. Sie ist eine leidenschaftliche Tänzerin, besucht auch in der Schule eine Tanzgruppe. "Ich will in die Disko gehen und tanzen, ohne meinen Vater."