Lokale Wirtschaft Von wegen Müller & Söhne: In Willich heißt es Guth & Töchter

Willich · Christina Guth führt mit ihren beiden Töchtern in Willich eine erfolgreiche Werbeagentur. Die Erfüllung dieses Berufswunsches war nicht einfach.

Familie und Team bei CGW in Willich (v.l.): Christina, Kristiane und Anna-Maria Guth.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Die ersten Erfahrungen, die Christina Guth mit dem Berufsfeld Werbung macht, sind ernüchternd. Eine Ausbildung zum Traumjob wird ihr aufgrund ihres Geschlechts verwehrt: In ihrer schwäbischen Heimat scheinen in den 70er Jahren ausschließlich Werbekaufmänner gesucht zu werden. Aus der Not heraus wählt sie den aus ihrer Sicht „nächstliegenden Beruf“ und wird Verlagskauffrau. Auch der zweite Versuch, ihren Wunsch seit Kindertagen zu realisieren, scheitert. Die junge Mutter, ihre Tochter Kristiane ist gerade drei Jahre alt, bewirbt sich bei einer Stuttgarter Agentur. Die Reaktion der männlichen Geschäftsführung schockiert sie: „Sie glauben doch wohl nicht, dass wir jemanden einstellen, der sich um ein kleines Kind kümmern muss.“

Vermutlich würden nun die meisten frustriert aufgeben. Nicht aber Christina Guth. Sie schwört, sollte sie jemals Chefin sein, würde sie ausschließlich Frauen mit Kindern einstellen. Sie gründet die Christina Guth Werbeberatung und hält ihr Versprechen an sich selbst. „Zehn Jahre lang habe ich keinen Mann beschäftigt“, erzählt die Unternehmerin. Und fügt sofort hinzu: Diese „Trotzreaktion“ sei ein Fehler gewesen. Denn das Geschlecht sollte überhaupt keine Rolle spielen. Bei der CGW GmbH, wie die Agentur inzwischen heißt, arbeiten heute natürlich auch Männer und tragen zum Erfolg des Unternehmens bei. Allerdings sind sie deutlich in der Unterzahl. Sechs Herren stehen 17 Damen gegenüber – Bürohündin Rynka nicht mitgezählt. Laut Christina Guth sei das typisch für die Branche. „Die Werbewelt ist weiblich – allerdings meist mit Männern an der Spitze.“ CGW bilde hier eine Ausnahme, und das gleich auf dreifache Weise.

Die Agentur an der Karl-Arnold-Straße in Willich wird von drei Frauen geführt. Neben der Gründerin (62) sind die Töchter Kristiane (40) und Anna-Maria Guth (35) mit an Bord. „Oft heißt es ja Müller & Söhne, oder so ähnlich. Bei uns heißt es eben Guth & Töchter“, so die Mutter. Alle sind gleichberechtigte Geschäftsführerinnen und Gesellschafterinnen. Die Junior-Chefinnen haben beide Kommunikationswissenschaften studiert und waren vor dem Einstieg in Willich in anderen Regionen Deutschlands tätig. Schon als Teenager hatten sie in der Agentur ihrer Mutter ausgeholfen.

Mittelständler in Deutschland sind die Kunden von CGW

Web-Auftritte, Image-Filme, Radiospots und Pressearbeit sind einige Beispiele aus dem Leistungskatalog der GmbH, die sich als Full-Service-Agentur begreift. Die drei Mittelständlerinnen setzen auf den Mittelstand. CGW arbeitet bundesweit für Firmen in Größenordnungen zwischen 30 und 500 Mitarbeitern. In der regionalen Spalte der Referenzliste stehen Namen wie der Nettetaler Küchenspezialist Thelen oder Schaffrath und Knuffmann. Bei besonders wichtigen Kundenterminen sind immer zwei Generationen vertreten: Mutter und eine Tochter. „Diese Kombination hat sich bewährt“, sagt Anna-Maria Guth. „So verbinden wir Erfahrung mit digitaler Kompetenz.“ Auch der niederrheinisch-schwäbisch Mix sei von Vorteil: „Der Niederrhein steht für Weltoffenheit, das Schwabenland für solides Wirtschaften und erfolgreiches Tüfteln“, sagt Christina Guth.

Der Grund, den Neckar gegen den Rhein einzutauschen, war übrigens ein Mann. Aus Liebe zog sie nach Kaarst. Das Familienunternehmen kommt jedoch ganz ohne männliche Familienmitglieder aus. „Unsere Männer machen beruflich etwas ganz anderes. Sie helfen uns allerdings, wenn bei unserem CGW-Sommerfest der Grill angeworfen werden muss“, sagt Anna-Maria Guth.