Vorst: Wand wird für Bürger teuer
Für den Lärmschutz an der Gerkeswiese sollen auch Alt-Anlieger blechen.
Vorst. Wie aus heiterem Himmel. So hat Hildegard Laus die schockierende Nachricht getroffen. Die erreichte sie in einem Brief der Stadt Tönisvorst, der ihr am 27. Oktober ins Haus flatterte. "Beitragsbescheid" war darüber zu lesen.
In dürrem Amtsdeutsch wurden sie und ihr Mann Willi darin informiert, dass Anwohner der Straße Hinkes Weißhof sich an den Kosten für die Lärmschutzwand beteiligen müssen, die für das Neubaugebiet Gerkeswiese entlang der L475 (Hauptstraße) errichtet worden war.
Exakt 2381,14 Euro soll Familie Laus bezahlen.
"Ich habe schon schlaflose Nächte gehabt", berichtet Hildegard Laus. Mit ihren Sorgen steht sie nicht allein: Insgesamt 15 Anwohner von Hinkes Weißhof haben solche Bescheide bekommen. Die Summen, die sie blechen sollen, liegen zwischen 1400 und knapp 16 000 Euro. Zahlbar innerhalb von vier Wochen. Kein Wunder, dass sich alle Betroffenen zusammengesetzt und das weitere Vorgehen beraten haben.
Warum sie für eine Lärmschutzwand zur Kasse gebeten werden, die 200 Meter entfernt liegt, können Laus und ihre Nachbarn nicht begreifen. "Ich wohne hier seit 22 Jahren. Als wir damals das Grundstück von der Firma Paschertz gekauft haben, hieß es, dass nun alle Erschließungskosten bezahlt sind", berichtet die Vorsterin. Doch bei der Verwaltung habe man ihr gesagt, dass sie von dem neuen Lärmschutz für das Baugebiet Vo33 profitiere. "Den wollten wir aber gar nicht haben. Bei uns war es nicht laut", betont Laus.
Was sie noch mehr ärgert: Kein Mensch habe vor sechs Jahren bei der Planung von Vo33 signalisiert, dass dadurch Erschließungkosten für Alt-Anlieger entstehen könnten. "Sonst hätten wir Bedenken geäußert - und auf jeden Fall das benötigte Geld angespart."
Mehrere Anwohner haben daher schon bei der Verwaltung vorgesprochen - ohne Erfolg: "Uns wurde lapidar erklärt, wir könnten ja klagen. Das habe bei einem ähnlichen Fall in St. Tönis aber auch nichts bewirkt."
Catharina Perchthaler, Pressesprecherin der Stadt, bestätigt den Sachverhalt: "Wir haben ein Gutachten erstellen lassen. Danach haben die Alt-Anlieger von der Lärmschutzwand einen konkreten Vorteil." Somit sei die Stadt nach Baugesetzbuch und der entsprechenden Satzung von 2002 gesetzlich verpflichtet, Erschließungsbeiträge zu fordern.
Die Summe richtet sich unter anderem nach der Grundstücksgröße und dem Lärmvorteil. Und: "Auch wir selbst müssen uns mit 110 000 Euro beteiligen."
Die Stadt, so Perchthaler weiter, könne den Betroffenen nur das Angebot der Ratenzahlung machen. Verwaltungsintern, so ließ Bürgermeister Albert Schwarz verlauten, werde man prüfen, wie man Alt-Anlieger künftig besser informieren könne.
Die Nachbarschaft Hinkes Weißhof hat derweil einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Eine Musterklage, so ein Jurist gegenüber der WZ, würde die Bescheide zumindest erst einmal ruhen lassen.