Tönisvorst Was soll aus dem H2Oh werden?

Die Zukunft des Schwimmbades in St. Tönis beschäftigt derzeit wieder die Politik. Die WZ blickt in die Historie und fragt ihre Leser.

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Tönisvorst. „Ich verstehe die Aufregung nicht. Das ist doch ein schönes, kleines Familienbad.“ So reagierte vor einigen Jahren ein Sprecher des Energieversorgers NEW, kurz nachdem das Unternehmen das Schwimmbad H2Oh an der Schelthofer Straße in St. Tönis übernommen hatte. Eine symptomatische Äußerung. Die Einrichtung wird seit ihrer Fertigstellung im Jahr 1995 gerade von jungen Familien sehr geschätzt. Schon deswegen, weil es nicht so überlaufen ist wie die benachbarten Bäder in Kempen und Willich.

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Aber: Seitdem das Bad gebaut wurde, steht es in der Kritik. Jetzt befasst sich aktuell ein Konsolidierungs-Arbeitskreis mit Vertretern der Stadtratsparteien mit der Frage, ob es Sinn macht, das H2Oh zu schließen. In knapp eineinhalb Jahren soll dazu eine stabile Meinungsbildung stattfinden.

Aber wieso ist das H2Oh so umstritten? Das Ganze begann bereits mit der Planung. Während die Politik sich in den frühen 90er Jahren einen Neubau wünschte, liefen der damalige Stadtdirektor Günter Scheuer und sein Kämmerer Heinz-Gerd Peters förmlich Amok. Beide saßen im Aufsichtsrat. „Die haben sich mit Händen und Füßen gewehrt“, erinnert sich ein Zeitzeuge. Es kam wie häufig in Tönisvorst: Alle Warnungen wurden in den Wind geschlagen: Das neue Bad wurde gebaut und 1995 eingeweiht. Schon damals absehbar: Die Kosten hatten sich vervielfacht.

Das begann bereits beim Bau. Da wurden Aufträge zum Teil freihändig vergeben, was die Kosten in die Höhe trieb. Hinzu kam, dass — vorsichtig ausgedrückt — nicht alle Gewerke so ausgeführt wurden, wie man das von Profis erwarten würde. „Die Verwaltung hatte keinerlei Zugriff auf die Kosten“, so der Zeitzeuge.

Mit spürbaren Folgen: Noch vor der Jahrtausendwende wurde der Freibadbereich aufgegeben, das Becken wurde zugeschüttet. Was offenbar dazu führte, dass mit der optischen Eliminierung auch das Problem aus den Köpfen verschwunden war. Jedenfalls für eine gewisse Zeit.

Nach und nach wurde der Investitionsstau aber wieder deutlich. Was die Verantwortlichen auch anfassten, alles es wurde immer. Hinzu kam das stetige Defizit für den städtischen Haushalt. Und: Die ursprüngliche Idee, mit dem Bad Steuern zu sparen, hatte zwar pfiffig geklungen, ließ sich aber in der Praxis nicht umsetzen. Konsequenz: Die Stadtwerke wurden an RWE verkauft, um irgendwie das Defizit händeln zu können.

Nach Unregelmäßigkeiten mit dem Betreiber, die in einer Razzia und mehreren Prozessen gipfelten, wurde Energieversorger NEW mit dem Betrieb beauftragt. Und tatsächlich war damit Ruhe — freilich nur an der Oberfläche. Im vergangenen Jahr wurde 20. Geburtstag gefeiert.

Wie lange soll es dieses Bad noch geben? Das fragt die WZ mit ihrer Rollenden Redaktion am kommenden Donnerstag in St. Tönis. Das Team des WZ-Mobils steht am Donnerstag, 12. Mai, 10 bis 11 Uhr, in der Fußgängerzone St. Tönis, gegenüber dem Eiscafé Fontanella, und fängt Meinungen ein. Wenn Sie, liebe Leser, verhindert sind, können Sie uns auch eine Mail schicken:

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