Analyse Wer will den Top-Job im Rathaus?

Willich/Tönisvorst · Ein gutes Jahr vor der Kommunalwahl beginnen auch in Willich und Tönisvorst die Debatten um die Kandidaten für die Bürgermeister-Posten. Eine Analyse.

Zwei Arbeitsplätze, die sicher reizvoll sind. Während der Willicher Bürgermeister sein Büro im Neersener Schloss (l.) hat, dient das alte Rathaus in St. Tönis dem Bürgermeister nur zu Repräsentationszwecken. Zudem finden die Rats- und Ausschusssitzungen dort statt. Das Büro des Tönisvorster Verwaltungschefs ist an der Bahnstraße.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Die politische Sommerpause ist zu Ende. Nun diese Nachricht ist ebenso wenig überraschend wie neu. Die Willicher CDU hat das Ende der Ferien aber zum Anlass genommen, Themen und Veranstaltungen für die zweite Jahreshälfte und für das kommende Jahr zu besprechen. Und dabei hat die Partei auch schon die Kommunalwahl im September 2020 im Blick. „Zum Jahresende will die CDU auf einer Mitgliederversammlung die Weichen für die Kommunalwahl stellen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Christdemokraten. Im Frühjahr 2020 sollen dann die Kandidaten der einzelnen Bezirke gewählt werden. „Unser Ziel ist es, eine Mischung von Kandidaten aus junger und älterer Generation, Frau und Mann und unterschiedlichen beruflichen Tätigkeitsfeldern festzulegen. Bei uns gilt, unsere Ratsmannschaft soll die gesamte Gesellschaft widerspiegeln“, betont Christian Pakusch, Vorsitzender der CDU.

Der Begriff „Bürgermeister“ taucht in der Pressemitteilung indes nicht auf. Allerdings dürfte klar sein, dass hinter den Kulissen der größten Partei in Willich auch über diese Personalie diskutiert wird. Denn alles andere als ein Rückzug von Amtsinhaber Josef Heyes (CDU) wäre eine faustdicke Überraschung. Heyes ist seit 1999 Bürgermeister in Willich. 2020 wird er 72 Jahre alt. Angesprochen auf sein Alter kokettiert Heyes zwar gerne damit, dass eine weitere Kandidatur dennoch möglich sei. „Konrad Adenauer ist 1949 mit 73 Jahren zum ersten Mal Bundeskanzler geworden – und blieb es bis 1963“, sagte Heyes im Januar 2018 zur WZ.

In den Reihen der Willicher CDU wird sich schon positioniert

In den Reihen der Partei geht man davon aus, dass Josef Heyes im Laufe des Herbstes auch öffentlich für Klarheit sorgen will. Innerhalb der CDU sollen sich dementsprechend schon Nachfolge-Kandidaten positionieren. Drei Namen werden inner- und außerhalb der Gerüchteküche immer wieder genannt: Parteichef Christian Pakusch, Fraktionsvorsitzender Johannes Bäumges und der stellvertretende Bürgermeister Guido Görtz. Wie auch immer dieser Positionskampf ausgehen wird, will die CDU dann an Aschermittwoch (26. Februar) einen Kandidaten auf den Schild heben.

Dass die Bürgermeisterwahl allerdings spannender verlaufen wird als in früheren Jahren dürfte auch in Willich klar sein. Die jüngsten Heyes-Ergebnisse von 2004, 2009 und 2014 (72,3 Prozent, 83,5 Prozent und 67 Prozent) dürften 2020 schwer zu erreichen sein. Die weitreichenden Veränderungen in der Parteienlandschaft und die jüngsten Ergebnisse und Umfragen auf Bundesebene werden auch in Willich Veränderungen bei den Resultaten herbeiführen.

Wohl auch deshalb arbeiten die anderen Parteien daran, eigene Kandidaten aufzustellen. Beim letzten Mal „traute“ sich nur Joachim Donath (FDP), gegen den CDU-Repräsentanten anzutreten. Nun wollen neben der FDP auch die SPD und die Grünen eigene Kandidaten aufstellen. Aus allen Parteien ist zu hören, dass Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres Namen genannt werden. Denn nicht nur in der CDU wartet man zunächst auf eine öffentliche Positionierung vom Amtsinhaber Heyes.

Tönisvorst: Die Grünen
wollen nicht, die SPD schon

Wechseln wir in Sachen Bürgermeister-Frage nach Tönisvorst. Dort herrscht bislang nur in einer Partei Klarheit. Denn die Grünen wollen auf keinen Fall einen eigenen Kandidaten nominieren. Das hat Ortsverbandssprecher Jürgen Cox vor einigen Wochen kundgetan und damit angesichts des bundesweiten Grünen-Aufschwungs für eine gewisse Überraschung gesorgt. Umso spannender wird in Tönisvorst die Frage sein, welchen anderen Kandidaten die Grünen möglicherweise unterstützen werden.

Die meisten Überschneidungen dürfte es in Richtung SPD geben, zumal der Graben zwischen Rot und Grün auf der einen sowie der CDU und Amtsinhaber Thomas Goßen auf der anderen Seite derzeit recht groß ist. Die Sozialdemokraten werden einen eigenen Kandidaten aufstellen. „Der Kandidat oder die Kandidatin wird erst auf einer Mitgliederversammlung Ende des Jahres gewählt. Die Mitglieder sollen dabei zwischen mehreren Kandidaten auswählen können“, sagte Vorsitzender Helge Schwarz vor einigen Tagen.

Thomas Goßen will
wohl erneut antreten

So eine Kampfabstimmung – wie es dann gerne heißt – strebt die CDU indes nicht an. Offiziell wird bei den Christdemokraten ebenfalls Anfang 2020 nach einer Mitgliederversammlung Klarheit herrschen. So hat sich jüngst Parteichef Dirk Louy geäußert. Innerhalb der christdemokratischen Gremien rechnen derzeit alle damit, dass Amtsinhaber Thomas Goßen weitermachen will. Anders lautende Gerüchte über einen anderen Karriereweg des Bürgermeisters sind in der Tat nur Gerüchte.

Spannend dürfte es in Tönisvorst aber in jedem Fall werden. Denn so deutlich wie in anderen christdemokratischen Hochburgen war der CDU-Vorsprung in den vergangenen Jahren nicht. 2009 – damals gab es keine Stichwahl – wurde Thomas Goßen mit 46,2 Prozent erstmals Bürgermeister. Für die SPD holte Uwe Leuchtenberg 38,3 Prozent. Christian Hoechtlen (UWT) kam auf 15,6 Prozent. 2014 gab es erneut das Duell zwischen Goßen und Leuchtenberg. Der CDU-Mann gewann mit 53,1 Prozent. Leuchtenberg holte 37,9 Prozent. Nummer drei war wieder ein UWT-Kandidat: Rüdiger Eberspächer kam für die Unabhängige Wählergemeinschaft auf 8,9 Prozent.

Bei einer Prognose, wie spannungsgeladen die Bürgermeisterwahl in Tönisvorst wird, kommt es darauf an, wie viele Kandidaten ins Rennen gehen. Denn UWT und FDP haben sich in dieser Frage noch nicht positioniert. Stand jetzt, reicht bei den Bürgermeisterwahlen in NRW ein Sieg im ersten Wahlgang – egal, wie knapp dieser ausfallen wird. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat die Stichwahl, die greifen würde, wenn der Sieger im ersten Wahlgang unter 50 Prozent liegt, abgeschafft. Ob es bei der Abschaffung bleibt, werden die Gerichte entscheiden. SPD und Grüne haben Verfassungsklage eingereicht. Eine mündliche Verhandlung dazu ist im Herbst vorgesehen.