Willicher Historie Fakten über Reisende ins Ungewisse

Willich · Geschichtsfreunde, Bürgerverein Anrath und Stadtarchiv digitalisieren Daten von Flüchtlingen und Vertriebenen.

Viele haben ehrenamtlich dabei geholfen, eine Internetseite über Flüchtlinge und Vertriebene zu verwirklichen, die nach 1945 nach Willich gekommen sind.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

„Wir haben die Daten von Flüchtlingen und Vertriebenen aus 4809 Einzelakten digitalisiert“, sagt Bernd-Dieter Röhrscheid von den Heimat- und Geschichtsfreunden Willich nicht ohne Stolz. Und weiter: „Jeder der sieben Mitarbeiter hat dafür 80 Stunden seiner Freizeit eingesetzt.“ Röhrscheid spricht dabei von einem Gemeinschaftsprojekt unter dem Namen „Flüchtlinge und Vertriebene nach 1945 auf ihren Wegen in die Altgemeinden der Stadt Willich“, dass die Heimatfreunde gemeinsam mit dem Bürgerverein Anrath und dem Willicher Stadtarchiv ins Internet gestellt haben.

Ein Team hat daran mehr
als zwei Jahre gearbeitet

Alleine für Anrath wurden dafür insgesamt 94 660 Eingaben vorgenommen. Natürlich gibt es auch Einzelergebnisse für die Altgemeinden Willich, Neersen und Schiefbahn – unterteilt beispielsweise nach ihrer Religionszugehörigkeit sowie Fluchtregionen beziehungsweise Fluchtländern. „Wir haben daran als Team mehr als zwei Jahre gearbeitet“, so Röhrscheid.

Den Online-Auftritt hat dann federführend Dirk Görres daraus erstellt, der auch beruflich Unternehmen bei ihren Onlineauftritten unterstützt. „Der Kern ist die Personenrecherche. Darüber können dann weitere Informationen zu den gesuchten Personen erfolgen“, sagt er. Zum Beispiel indem man ein Formular ausfüllt und damit die Akteneinsicht für einen bestimmten Menschen anfragt. Wer also etwas über Personen erfahren möchte, die zwischen 1945 und 1960 in eine der Willicher Altgemeinden gekommen sind, kann über „Person suchen“ herausfinden, ob sich Familienmitglieder darunter befinden.

„Wir haben alleine 200 Dokumente digital erfasst“, sagt Görres. Dazu gibt es Bilder und Fotos, die direkt angeklickt werden können. Auch Filme mit Aussagen von Zeitzeugen zu ihrer Flucht aus Pommern, Schlesien, Sudetenland, Ostpreußen und der DDR können abgerufen werden. Bei der Suche nach bestimmten Personen ist es möglich, von verschiedenen „Startpunkten“ auszugehen: Flucht­ort, Fluchtprovinz beziehungsweise -land, Fluchtjahr und Ankunftsjahr.

Erfahren kann man beispielsweise, dass von den 4809 Flüchtlingen und Vertriebenen, die zwischen 1945 und 1963 nach Willich kamen, 3061 evangelisch und 1619 katholisch sind. Die meisten von ihnen stammen aus Schlesien, gefolgt von Pommern und Ostpreußen. Außerdem gibt es Informationen zu den Fluchtprovinzen Pommern, Schlesien, Sudentenland sowie Sowjetische Besatzungszone (SBZ) und DDR. Die Seite ist sehr übersichtlich aufgebaut, und die einzelnen Menüpunkte erklären sich gewissermaßen von selbst.

Während der Durchführung des Projektes gab es bereits 127 Nachfragen von Familienangehörigen, die sich per E-Mail gemeldet haben oder direkt in das Stadtarchiv gekommen sind. „Teilweise sind sie dafür sogar aus Bremen oder Bonn nach Willich angereist“, sagt Röhrscheid.