Wo kauft medeor seine Medikamente ein?
Wer prüft die Qualität und ob Arznei- und Hilfsmittel tatsächlich bei Bedürftigen ankommen? 30 Zuhörer erfuhren mehr von medeor-Apothekerin Irmgard Buchkremer.
Vorst. Gabelstapler surren an hohen Regalen vorbei. Überall lagern und türmen sich Pakete. Teilweise sind sie in Folien verpackt. 4000 Quadratmeter groß ist das Lager des Medikamentenhilfswerks action medeor in Vorst. Die nächste Lieferung ist versandfertig. Andere werden gepackt. In Vorst wird reagiert, wenn in anderen Ländern, Tausende Kilometer weit weg, Hunger und Elend regieren — durch Naturkatastrophen, Kriege oder weil die Regierung eines Landes nicht alle Menschen versorgen kann und Missions- und Gesundheitsstationen Versorgungslücken zu schließen versuchen.
2017 hat action medeor für sieben Millionen Euro Arzneimittel und medizinisches Material versendet. Allein das Auswärtige Amt orderte in dem Jahr Medikamente in einer Auftragsgröße von zwei Millionen Euro. Das ist eine Größenordnung.
Am Mittwoch sind zehn Tonnen Hilfsmittel im Wert von 140 000 Euro in den Nord-Irak verschickt worden. Auch dieser Eintrag reiht sich in die Auftragsbücher ein. Seit mehr als 50 Jahren versorgt action medeor vom Niederrhein aus Gesundheitseinrichtungen in armen Regionen der Welt mit Medikamenten und medizinischem Material.
Woher kommen die Arzneimittel? Wer stellt sie her? Wer prüft ihre Qualität? Wie ist sichergestellt, dass die Medikamente auch bei den Menschen ankommen, die sie brauchen? Und wer finanziert die Lieferungen der Notapotheke der Welt?
Antworten auf diese Fragen gibt zurzeit eine Stellwand-Ausstellung im Foyer des Medikamentenhilfswerks. Vorbereitet haben sie die Mitarbeiter Anne Decker und Michael Gotzen. 30 Besucher nutzten am Mittwochabend die Gelegenheit, um im direkten Gespräch mit Dr. Irmgard Buchkremer, die seit viereinhalb Jahren als Pharmazeutin bei medeor tätig ist, nachzufragen, wie die Hilfe logistisch organisiert wird.
Die Anfangsjahre, in denen Medikamente gesammelt, sortiert und dann — auch ungefragt — in andere Länder verschickt wurden, sind längst passé. Heute werden Sendungen zielgenau gepackt. Medeor achtet und überwacht viele Kriterien: dass die Medikamente wirken, sie unbedenklich sind, der Preis niedrig ist und die Qualität stimmt. Nur erprobte und zugelassene Medikamente werden in die Welt verschickt und in der Welt eingekauft.
Medeor stellt die Medikamente nicht selber her. „Wir rühren hier in Vorst nicht an“, erklärt Buchkremer. Man bestelle und kaufe zurzeit bei etwa 30 ausgelassenen Herstellern in der EU, in China und Indien. Zumeist handelt es sich um kleinere Firmen.
Dass der Großteil der Medikamente aus China und Indien kommt, habe nicht nur mit niedrigeren Einkaufspreisen zu tun. Viele Medikamente gebe es in Deutschland nicht zu kaufen, weil es „die Krankheiten hierzulande nicht gibt“. China und Indien liefern in Länder, in denen heißes und feuchtes Klima herrscht, Länder, die auch medeor unterstützt.
Mitarbeiter aus Vorst führen regelmäßig Inspektionen bei Herstellern durch. Buchkremer selbst war 2017 mit einem Seniorpartner bei drei indischen Firmen, nahm vor Ort Einsicht in Dokumente, führte Gespräche mit Mitarbeitern.
Vor jeder Auftragsverteilung werden Qualitätsdokumentationen zu den jeweiligen Arzneimitteln und Preise geprüft. medeor ist eine gemeinnützige Organisation, also nicht gewinnorientiert aufgestellt. Medikamente, die die Notapotheke verkauft, verkauft sie zum Selbstkostenpreis.
Im Katastrophenfall, wenn schnell humanitäre Hilfe von nöten ist, hat medeor sogenannte Health Kits, standardisierte Hilfspakete, die innerhalb von Stunden ausgeliefert werden können.
Grundsätzlich setzte medeor darauf, bedarfsorientiert zu helfen. Buchkremer: „Der Empfänger entscheidet darüber, was er baucht.“ 150 Arzneimittel sind auf Lager, 600 Medizinprodukte und Bedarfsmaterial im Bestand. Die Finanzierung läuft über Verkauf, Klein- und Großspenden und Mittel staatlicher Stelle wie beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen, die EU oder das Auswärtige Amt.