Aus der Landwirtschaft Zu Besuch in Anrath: So läuft’s auf dem Biohof

Anrath · In der WZ-Serie zur Landwirtschaft geht es heute um das Thema Bio. Auf dem Stautenhof in Anrath setzt Familie Leiders schon seit 1997 auf dieses Konzept. Damals gehörten die Willicher zu den Pionieren auf diesem Gebiet.

Auf die Hühner und ihre Mobile sind Mitarbeiterin Anika Launert und der Chef Christoph Leiders besonders stolz.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das menschliche Geschwisterpaar quieckt fast genauso vergnügt vor dem Gatter wie die Ferkel dahinter. Die spielen mit Stroh, trotten durch die Futterrinne oder nehmen einfach nur ein Sonnenbad. Eine Sau schubbert eine ihrer Flanken an der Stallmauer. Doch das Vergnügen der beiden Kinder wechselt rasch erst in Erstaunen und dann in ein schaurig-schönes Schaudern: „Iiih. Guck mal!“ Der Junge zeigt auf den dicken Urinstrahl der Muttersau. Und auf ein weiteres Borstenvieh, das gerade aus der Tür tritt und eine Munddusche davon nimmt. Tja, das ist Natur pur und davon gibt es eine Menge auf dem Stautenhof in Anrath. Die Familie Leiders betreibt dort seit 1997 einen
Biohof.

Der Junge und seine Schwester haben sich ob des Anblicks von den Schweinen zur Weide gegenüber begeben. Dort grasen junge Esel, zwei Haflinger, Bullen und Schafe mit Kuschelfaktor. „Ich nenne das hier unsere Deko-Wiese“, sagt Anika Launert, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit auf dem Stautenhof.

Die Nachbarn der Schweine sind die weißen Hühner der Linie 757. Sie kommen als Eintagsküken auf den Hof, leben in den ersten sechs Wochen in einem warmen Raum, bis ihr Gefieder ausgebildet ist. Nach weiteren sechs Wochen auf der Wiese werden sie auf dem Hof von einem der angestellten Landwirte geschlachtet. Auf dem Stautenhof schlachten die Landwirte. Durch die vertrauten Personen seien die Tiere ruhig. Die Metzger übernehmen das geschlachtete Tier. „Unsere Tiere leben dreimal länger als die von konventionellen Höfen“, erläutert Launert. Die Hähnchen, die in umgebauten Sauenställen Futter und Deckung erhalten, werden von Ziegen bewacht. „Sie vertreiben die Krähen, die sonst Tiere schlagen.“ Der Vorteil der Hähnchen sei ihr gutes Fleisch. Auch die Schweizer Landrasse bei den Muttersauen sei durch gute Fleischqualität bekannt. Die noch von den Vätern, den Duroc-Ebern Helmut und Eros, verstärkt würden. 50 Muttersauen – diese Rasse steht ebenfalls für gute Muttereigenschaften – sorgen für Nachwuchs. Aufs Jahr gesehen werden etwa 900 Schweine für die Mast geboren, so Hof-Chef Christoph Leiders.

Beim Foto für die WZ sollte Leiders sich für etwas entscheiden, auf das er besonders stolz ist.  Nach einiger Überlegung entscheidet er sich für die braunen Lohmann-Hühner, die auf einer großen Wiese mit viel Klee in drei Hühnerhotels – pro Mobil 800 Hennen und 10 Hähne – leben. Diese Rasse sei gut fürs Freiland geeignet und relativ mobil, erklärt der 52-Jährige. Auf die Frage, warum er sich für die Hühner als Fotomodelle entschieden hat, antwortet der Landwirt geschickt: „Ich bin auf alle unsere Tiere stolz.“ Aber die grüne Wiese mit den vielen Hühnern und den mobilen Unterständen mit den Solarzellen auf dem Dach ergäben eben ein gutes Fotomotiv.

Das Federvieh ist recht pflegeleicht. Einmal in der Woche muss Futter nachgefüllt werden und alle 14 Tage wird das Hotel weiter auf der Wiese gezogen, damit es immer Grünes zu picken hat. Das danken sie mit im Schnitt 750 Eiern pro Mobil am Tag. „Die haben einen schönen dunkel-gelben Dotter. In der konventionellen Haltung kann dies nur durch ein Futter, das nach der Farbkarte gemischt wird, erreicht werden“, sagt Leiders. Er hält diese Art der Haltung für „die beste Form für Legehennen“.

Auslauf sei auch bei allen anderen Tieren wesentlicher Bestandteil ihrer Aufzucht. Zu den anderen Tieren gehören etwa 50 Puten, die im Alter von vier Monaten auf den Hof kommen und hier bis zur Schlachtung „aufgestallt“ werden. Leiders: „Jährlich verarbeiten wir 8000 Masthähnchen vom eigenen Betrieb und rund 200 Schlachtschafe von Bioland-Schäfern aus der Region.“

Kälber kauft Leiders  vom benachbarten Bio-Bauern Peter Zens und dem Biolandbetrieb von Peter Weber. Etwa 150 Tiere umfasst die Herde. Sie wachsen dann auf Weideflächen in der Eifel auf. Nach etwa 15 Monaten kommen die Rinder zum Stautenhof. „Das sind in der Regel etwa 50 Tiere. Hier werden sie ausgemästet“, sagt Leiders. Das bedeutet, dass sie noch Fett ansetzen sollen. Durch die viele Bewegung auf der Weide würde hauptsächlich mageres Muskelfleisch aufgebaut. Mit zwei oder zweieinhalb Jahren landen sie beim hauseigenen Metzger. „Wir schlachten unsere Tiere nie vor der Geschlechtsreife“, betont Leiders. Das gelte auch für die Schafe. Die Lämmer kauft der Landwirt zu. Sie werden mit etwa acht Monaten geschlachtet.

Auf dem Stautenhof werden aber auch Kartoffeln, Weizen als Futter und für die hofeigene Bäckerei, Gemüse, Salat sowie Kleegras angebaut. Neben Futter für die Tiere werden die Erzeugnisse auch im Hofladen angeboten. Feste Kooperationspartner liefern Obst, Gemüse und andere Produkte zu. Das Fleisch kommt von den eigenen Tieren, die alle auf dem Hof geschlachtet werden. Auch alle Wurstwaren werden in der hauseigenen Metzgerei selbst hergestellt, Käse dazu gekauft. Und die erste Honig-Ernte von 20 Bienenstöcken steht an. Alle Produkte werden aber nicht nur im Laden angeboten, sondern auch für das Bistro verwertet. Dort gibt es Frühstück, zwei täglich wechselnde Mittagstische sowie Kuchen.