Viel Applaus gab es nicht nur für den Comedian im Forum Corneliusfeld, sondern auch für den Stadtkulturbund Lachen mit Bernd Stelter unter besonderen Bedingungen
Tönisvorst. · (bec) „Hurra! Ab Montag ist wieder Wochenende!“ Und dazwischen? Was ist am Dienstag, was am Mittwoch mit dem Termin beim Orthopäden oder am Donnerstag, wenn man vielleicht Geburtstag hat? Mit diesen Fragen und noch vielen weiteren befasste sich der Comedian Bernd Stelter am Samstag im ausverkauften Forum Corneliusfeld.
Und erntete reichlich Applaus für sein Programm.
Den ersten Applaus des Abends aber gab es vom Publikum – nur runde 250 der früher möglichen 550 Plätze konnten coronabedingt besetzt werden – für den Stadtkulturbund, der dieses Stück Kultur wieder möglich machte. „Es ist die größte Indoor-Veranstaltung in Tönisvorst seit über sechs Monaten“ stellte Thomas Nellen, Vorsitzender des Stadtkulturbundes, fest. Und konnte eine gewisse Anspannung nicht abstreifen.
Mehr als der Typ mit den
„drei Haaren auf der Brust“
Über Wochen feilten die Ehrenamtler mit der Stadt an einem Konzept, wie Kultur im Forum wieder möglich gemacht werden konnte. 300 Zuschauer weniger war nur ein Aspekt. Masken mussten schon am Eingangstor zum Schulhof getragen werden und durften erst am Platz abgenommen werden. Keine Pause, kein Ausschank, Adressen hinterlegen – das war nötig, um den Abend möglich zu machen. Das Publikum, fast durchgängig im Alter Mitte 50 plus, nahm es gelassen und mit Freude hin. Denn immerhin machte man den Versuch, etwas von dem zurückzuholen, was seit März nicht mehr möglich war und ohne dies Einschränkungen auch länger nicht möglich sein würde.
Auch Bernd Stelter freute sich sichtlich, wieder auf der Bühne stehen zu können. 104 Auftritte waren für dieses Jahr geplant, es werden letztlich wohl nur 14 stattfinden. Auch wenn es vielen seiner Kollegen und deren Helfern und Technikern wegen der fehlenden Auftritte schlecht ginge, dürfe man bei aller gebotenen Vorsicht rund um das Virus eines nicht vergessen: „Leben müssen wir trotzdem“. Ein Satz, der ihm viel Applaus einbrachte.
Über beinahe zwei Stunden zeigte Stelter, dass er nicht nur der Typ mit den drei Haaren auf der Brust ist – den Song brachte er übrigens nicht –, sondern sehr wohl ein auch tiefgründiges Programm präsentieren konnte. Klar – Ulk gab es ebenfalls reichlich. Aber den Ausgleich zwischen dem lustigen Typen und dem Nachdenklichen schaffte er mühelos und glaubwürdig.
Es ging los mit der neudeutschen Work-Life-Balance. Balance oder Bullshit? Arbeit und Leben gehören doch zusammen. Aber, so stellt er fest, dass wir Deutsche ja doch nicht zufrieden seien, was die Balance eben wieder schwierig mache. Sogar Promis wandern aus, um zufrieden zu sein. „Vielleicht sollte man Hildmann, Bohlen und Gauland zum Auswandern bewegen“, riet er, damit wir eine Chance auf Zufriedenheit haben.
Klare Kante gegen
Hass-Poster im Internet
Überhaupt kritisierte er, dass gerade wir Deutschen uns nicht die Muße nehmen, das Schöne zu genießen. „Bleibt doch mal stehen und guckt“ riet er. „Sammelt die schönen Momente, denn eine schöne Urlaubserinnerung ist besser als ein Thermomix“. Klare Kante gegen Hass-Poster im Internet bezog Stelter. Stellte „Amöbenhirne“, die Rettungsgassen verstopfen und vom heimischen Sofa in Unterhemd mit einer Schale Chips eh alles besser wissen, an den Pranger. Beklagte, die Dummheit vieler Mitmenschen. Und war bei dem Stichwort schnell beim US-Präsidenten, ohne die Prädidenten Rußlands und der Türkei zu vergessen. „Wir haben Mauern überwunden und die bauen solche wieder auf“, klagte er.
Aber auch positive Ansätze gab er dem Publikum mit auf dem Weg. So den „random act of kindness“. Er riet, doch einfach den Drängler auf der Autobahn mal überraschend vorbeizulassen und sich über dessen überraschten Gesichtsausdruck zu freuen. Oder den Cappuccino des nächsten Gastes zu bezahlen und sich still an dessen Freud über die Überraschung zu erfreuen.
Dankbar nahm Stelter den Applaus seines Publikums entgegen, das für wohl auch dankbar dafür war, dass in diesen besonderen Zeiten überhaupt wieder ein wenig Normalität versucht wurde.