Stadt gesteht Defizite Lebensmittelprüfer: Stichproben nur zu drei Vierteln bearbeitet
Leverkusen. · Bei planmäßigen Kontrollen liegen die Überwacher aber im Soll.
Eine Ratte, die Passanten kuchenknabbernd in der Warenauslage eines Schnellimbisses nahe dem Wiesdorfer Bahnhof entdeckten, sorgte im vergangenen Jahr für Aufsehen. Die Klickzahlen, die ein ins Netz gestelltes Video von der Szene erreichte, waren rekordverdächtig. Alte Frikadellen auf der Kneipentheke, Gammelfleisch in Kühltheken – kaum etwas regt Verbraucher mehr auf als Gesundheitsrisiken durch verdorbene Lebensmittel. Zuständig ist die städtische Lebensmittelüberwachung. Doch wird diese ihren Aufgaben gerecht?
Offenbar nicht in vollem Umfang. Das geht aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Ratsanfrage der SPD-Fraktion hervor. Zwar erreiche die Stadtverwaltung nach eigenen Erhebungen 92 Prozent der Sollzahlen für die Plankontrollen. Demnach werden 644 von 700 vorgeschriebenen Kontrollen auch tatsächlich durchgeführt. Bei den Stichproben bei den Lebensmitteln und deren Nachbearbeitung werden hingegen nur 76 Prozent des Probensolls erreicht. „Die Rückstände bei der Nachbearbeitung von Beanstandungen sind erheblich, lassen sich aber nicht beziffern“, so die Verwaltung.
In NRW gibt es im Lebensmittelsektor etwa 21 000 Erzeuger, rund 3000 Hersteller und Abpacker, rund 5000 Vertriebsunternehmer und Transporteure, etwa 56 000 Einzelhändler sowie rund 88 000 Dienstleistungsbetriebe. Jeder Betrieb wird in regelmäßigen Abständen ohne vorherige Anmeldung durch Kontrolle und Probennahme überwacht. Überprüft werden unter anderem Rohstoffe, Zutaten und Aufmachung der Lebensmittel, ebenso der Zustand von Grundstücken, Räumen, Anlagen, Geräten und Materialien im Hinblick auf Hygiene.
Zuständig für die Lebensmittelüberwachung in NRW ist das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und die nachgeordnete Behörde, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. Deren verlängerter Arm sind die insgesamt 50 Lebensmittelüberwachungsämter.
Kontrollteam war in den letzten Jahren durchgehend unterbesetzt
Doch gibt es offenbar Personalprobleme. Die Stadt Leverkusen gibt seit Jahren für die entsprechende EU-Statistik als Sollstärke ein Team aus „fünf Lebensmittelkontrolleuren, 1,3 Verwaltungskräften und 0,5 Sachverständigen“ an. „Leider war das Team in den letzten Jahren durchgehend nicht voll besetzt“, heißt es in der Verwaltungsantwort auf die Ratsanfrage: „Daher kam (und kommt) es tatsächlich zu eingeschränkter Aufgabenwahrnehmung.“ Die Frequenz der Plankontrollen, bei denen Leverkusen weitgehend im Soll liegt, ist gesetzlich vorgeschrieben.
Anders verhält es sich bei außerplanmäßige Kontrollen wie Nachkontrollen, Kontrollen von ortsveränderlichen Betriebsstätten oder Veranstaltungen, Abnahmekontrollen. „Sie finden anlassbezogen statt. Daher gibt es keinen Sollwert“, schreibt die Verwaltung. 2019 wurden 699 außerplanmäßige Kontrollen durchgeführt.
Der Personalmangel sei nicht von heute auf morgen zu beheben, heißt es in dem Verwaltungspapier. Fachpersonal müsse selbst ausgebildet werden, das brauche Vorlaufzeiten. Ein junger, städtischer Kontrolleur befinde sich noch in Ausbildung. Die vorgeschriebene Sollstärke beim Fachpersonal werde bei der Lebensmittelüberwachung Ende 2021 erreicht sein. Nötige Nachbesetzungen bei der Sachbearbeitung erfolgten bis Mitte 2020.