Neersener hat zwei Jobs Radiomoderator arbeitet auch mit Toten
Neuss/Willich · Maik Kivelip übt zwei Berufe aus, die auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammenpassen: Der Neersener ist Radiomoderator und Bestattungshelfer.
. (tre) Das hätte sich der Neersener in seinem Abiturjahr 2013 auch noch nicht gedacht. Nach dem Abitur an der Willicher Robert-Schuman-Europaschule folgte ein Praktikum bei einem lokalen Radiosender. „Ich war Schulsprecher, habe viel in der Schule moderiert und bin von einem Radiokollegen für ein Praktikum angesprochen worden“, erzählt Maik Kivelip. Er startete das Praktikum, dem sich ein BWL-Studium anschloss. Neben dem Studium in Köln war er unter anderem bei einem Fernsehsender aktiv. Dem Studium folgte ein Praktikum beim Neusser Radiosender
NE-WS 89,4.
Kivelip stieg in die Morning Show des Senders ein, die er nunmehr seit zwei Jahren moderiert. Als seine Oma vor drei Jahren starb, hatte er erstmals Kontakt mit einem Willicher Beerdigungsunternehmen. „Ich war vom liebevollen Umgang mit meiner toten Oma fasziniert“, erinnert sich Kivelip. In ihm reifte die Idee, eine Schwerpunktserie ins Leben zu rufen, bei dem unter anderen das Thema Bestatter auf dem Programm stand. Über einen Nachbarn, der im Neusser Bestattungsunternehmen Odenthal arbeitet, entstand der Kontakt zu einem Bestatter. Der Praktikumstag wurde beschlossen.
Dass er richtig mit anfassen würde hätte der Radiomoderator zu Beginn des Arbeitstages nicht gedacht. Es ging mit der Beerdigung einer Seniorin los. Danach ließ er mit den Mitarbeitern einen Kindersarg in sein Grab. „Als es dann aber hieß, ab in den Hygieneraum, da ging mir schon die Pumpe“, berichtet Kivelip. Mit der Tochter der Juniorchefin bahrte der Neersener dort eine Leiche auf. Kontakt mit Toten hatte der junge Mann zwar schon aufgrund seiner Tätigkeit als Feuerwehrmann, aber in einer solchen Intensität noch nie.
Anfängliche Berührungsängste beim Umgang mit toten Menschen
Kivelip spricht von Berührungsängsten, weil einfach der Umgang mit toten Menschen fehle. Der Tod an sich sei immer noch ein Tabuthema. Er aber merkte, was mit der im Bestattungsunternehmen geleisteten Arbeit für die Hinterbliebenen getan wird. „Mich hat das Ganze nicht mehr losgelassen. Ich habe erst gedacht, es wäre eine Eintagsfliege. Das war es aber nicht“, berichtet Kivelip.
Zwei Monate später beschloss der Radiomoderator, das Thema Tod in sein Leben zu lassen. Er rief in dem Neusser Bestattungshaus an und fragte, ob er aushelfen könne. Es kam ein Ja zurück. Auf 450-Euro-Basis startete die neue Tätigkeit neben seinem Beruf als Radiomoderator. Dadurch, dass sein Moderatorberuf in der Morning Show ihn früh anfangen lässt und dadurch auch sein Feierabend früh beginnt, stellt die Arbeit im Bestattungshaus kein Problem dar. Zumal die Radiostation und das Unternehmen in unmittelbarer Nähe zueinander liegen.
Seine Familie habe erst komisch geschaut, als er von seiner Zusatzbeschäftigung berichtete, sagt Kivelip. Mittlerweile gehören Tod und Bestattung aber mit zu den ganz normalen Themen am heimischen Esszimmertisch zumal sein jüngerer Bruder in seine Fußstapfen getreten ist und ebenfalls bei Odenthal mitarbeitet. Kivelip erzählt, dass man mit den Menschen mitfühle, aber nicht mit ihnen leide. Ihm gebe es ein gutes Gefühl, für eine Familie in schweren Stunden da zu sein und ihnen zu vermitteln, dass der Hinterbliebene bei ihm in guten Händen ist: „Ich weine nicht mit, aber ich bin empathischer geworden und habe feinere Antennen bekommen.“
Die Arbeit hat zudem den Podcast „Zettel am Zeh“ entstehen lassen, bei dem Kivelip das Thema Tod betrachtet. Wenn Kivelip nicht gerade moderiert oder als Bestattungshelfer im Einsatz ist, dann geht er seinen ehrenamtlichen Aufgaben als Oberfeuerwehrmann im Löschzug Neersen der Freiwilligen Feuerwehr Willich und seinen Hobbys nach. Der 27-Jährige gehört seit fünf Jahren der Neersener Showtanzgruppe „Las Tropicals“ an. Zudem fährt er gerne Rennrad.