Chronologie Mehr als 21 Jahre vom ersten Mord bis zur Rechtskraft der NSU-Urteile
München · Mehr als 21 Jahre sind seit dem ersten Mord bis zur Rechtskraft der NSU-Urteile vergangen. Eine Chronologie zentraler Ereignisse der rechtsextremen Terrorserie im Überblick.
Der Bundesgerichtshof hat am Mittwoch die Revisionen im Fall des NSU-Helfers André E. verworfen. Damit sind nun die Urteile gegen die Rechtsterroristin Beate Zschäpe und die in München angeklagten NSU-Helfer vollständig rechtskräftig. Ein Überblick über die Terrorserie und deren Aufarbeitung:
ANFANG DER 90ER JAHRE
Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe lernen sich in einem Jugendklub in Jena-Winzerla kennen. Das Trio zeigt bald rechtsextreme Haltungen und radikalisiert sich fortschreitend - mit immer enger werdenden Kontakten in Neonazigruppen wie den "Thüringer Heimatschutz".
26. JANUAR 1998
Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe tauchen gemeinsam unter, nachdem die Polizei in einer von Zschäpe angemieteten Garage Rohrbomben und Sprengstoff fand.
18. DEZEMBER 1998
Böhnhardt und Mundlos erbeuten bei ihrem ersten bewaffneten Überfall umgerechnet 15.000 Euro. In den folgenden Jahren verüben sie insgesamt 15 bewaffnete Raubüberfälle und erbeuten etwa 600.000 Euro für ihr Leben im Untergrund.
1. JULI 2000
Das Trio wechselt den Standort und zieht von Chemnitz nach Zwickau. Dort bewohnt es in den folgenden Jahren drei Wohnungen, ohne entdeckt zu werden.
9. SEPTEMBER 2000
In Nürnberg wird der Blumenhändler EnverSimsek erschossen, das erste Opfer der NSU-Mordserie. Bis zum Jahr 2007 folgen neun weitere Morde, die dem NSU zugerechnet werden. Von den zehn Mordanschlägen gelten neun Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund, der letzte NSU-Mord ist der an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007. Nie kommt ein Verdacht gegen das im Untergrund lebende Trio auf.
19. JANUAR 2001
In Köln wird bei einer Sprengstoffexplosion in einem Lebensmittelgeschäft eine junge Deutschiranerin schwer verletzt. Böhnhardt oder Mundlos versteckten eine Christstollendose voller Schwarzpulver in dem Laden.
9. JUNI 2004
Ein Nagelbombenanschlag erschüttert die von vielen türkischen Geschäften geprägte Kölner Keupstraße. Es gibt 22 Verletzte, darunter mehrere lebensgefährlich Verletzte. Erst im NSU-Prozess zeigt sich, dass der Anschlag weit größeren Schaden hätte anrichten können. Die Bundesanwaltschaft wertet den Anschlag als versuchten Mord in 32 Fällen und als gefährliche Körperverletzung in 23 Fällen - mehr als ursprünglich angeklagt.
4. NOVEMBER 2011
Nach einem Überfall auf eine Bank in Eisenach fallen Böhnhardt und Mundlos einem Zeugen auf, der die Polizei alarmiert. Als diese sich einem Wohnmobil mit den beiden Männern nähert, begehen sie mutmaßlich Suizid. Am selben Tag kommt es zu einem schweren Brand im letzten Unterschlupf des Trios in Zwickau, der von Zschäpe gelegt wurde, um Beweismittel zu vernichten. Zschäpe verschickt im Zuge einer vorab besprochenen Selbstenttarnung mehrere Bekenner-DVDs, durch die der NSU erstmals bekannt wird. Nach mehrtägiger Flucht stellt sie sich am 8. November.
6. MAI 2013
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) München beginnt der NSU-Prozess gegen Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des Trios. Es werden mehr als 700 Zeugen gehört, 25 technische und 26 medizinische Gutachter sagen aus. Grundsätzliche Zweifel an der Anklage und den vorgeworfenen Taten kommen nicht auf. Zschäpe gibt aber Mundlos und Böhnhardt die alleinige Verantwortung für die Taten und bestreitet, Mitglied des NSU gewesen zu sein.
11. JULI 2018
Das OLG verurteilt Zschäpe als Mittäterin zu lebenslanger Haft und stellt die besondere Schwere der Schuld fest. Die vier als NSU-Helfer Mitangeklagten erhalten Haftstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren.
21. APRIL 2020
Der zuständige sechste Strafsenat gibt die schriftliche Urteilsbegründung zu den Akten.
19. AUGUST 2021
Die Urteile gegen Zschäpe und zwei NSU-Helfer werden durch einen Beschluss des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Das Urteil gegen einen weiteren Helfer wurde schon zuvor rechtskräftig.
15. DEZEMBER 2021
Der Bundesgerichtshof weist die Revision der Bundesanwaltschaft und der Verteidigung im Fall André E. zurück. Alle NSU-Urteile sind damit rechtskräftig.