Hochwasser für die Geschichtsbücher So haben die Wassermassen im Kreis Mettmann gewütet

Kreis Mettmann · Aus Bächen sind im Kreis Mettmann reißende Ströme geworden, Regenrückhaltebecken sind allesamt übergelaufen, die Abwassersysteme sind überlastet. Pumpen kommen gegen die Wassermassen kaum an, Sandsäcke erweisen sich als wirkungslos.

Unter Wasser: Der Reiterhof Volkardey in Ratingen.

Foto: Achim Blazy (abz)

Kreisbrandmeister Torsten Schams fasste für den Krisenstab des Kreises am Donnerstagmorgen die Lage so zusammen: Aus Bächen sind reißende Ströme geworden, Regenrückhaltebecken sind allesamt übergelaufen, die Abwassersysteme sind überlastet. Pumpen kommen gegen die Wassermassen kaum an, Sandsäcke erweisen sich als wirkungslos. „Die Wassermassen, mit denen wir es hier zu tun haben, übertreffen sogar die Prognosen für ein Jahrtausendhochwasser“, so Schams. Der Kreis hat am Mittwochabend die Großeinsatzlage festgestellt.

Kreis-Ordnungsdezernent Nils Hanheide erläutert: „Als Großeinsatzlage gilt ein Geschehen, in dem Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen, Tiere oder erhebliche Sachwerte gefährdet sind und aufgrund eines erheblichen Koordinierungsbedarfs eine rückwärtige Unterstützung der Einsatzkräfte erforderlich ist, die von einer kreisangehörigen Gemeinde nicht mehr gewährleistet werden kann.“

In Ratingen West und Tiefenbroich waren die Kapazitäten von Schwarzbach, Sandbach und Haarbach seit Mittwochabend erschöpft. Hierdurch konnte die Kanalisation nicht entlastet werden. Aus dem Schwarzbach lief Wasser in ein Trafohäuschen der Pumpstation am Regenrückhaltebecken Niederbeckweg. Die Stadtwerke Ratingen mussten die Anlage stromlos schalten. Dadurch seien rund 150 Keller vollgelaufen, teilte die Feuerwehr mit. Das Reitgut Volkerday wurde geflutet.

Brücken und Häuser durch Wassermassen einsturzgefährdet

Ein Altenheim in Velbert-Langenberg ist zurzeit ohne Strom und muss ebenfalls evakuiert werden. In Langenfeld bleibt die Hildener Straße an der Einmündung Rietherbach in Richtung Hilden gesperrt, weil die Brücke dort stark unterspült ist. Auch der Garagenhof am Rietherbach ist überflutet. Dort pumpt das Technische Hilfswerk das mit Öl und Benzin versetzte Wasser ab. Der Strom wurde in diesem Bereich abgeschaltet. 126 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, fünf von ihnen übernachteten in einer Turnhalle. Gesperrt sind die Brücken an der Riethrather Mühle und an der Götscher Mühle. Ihre Stabilität ist durch die Wassermassen gefährdet ist. Außerdem ist ein Haus am Rietherbach einsturzgefährdet.

Kritisch ist die Lage in Baumberg auf dem Campingplatz. Dort hat die Betreiberfamilie Pareigat die Caravans aus der ersten Reihe am Rhein schon früh hochgezogen. Der Rest folgte noch am Donnerstag. „Wir müssen noch heute alle anderen der knapp 300 Wagen wegziehen. Die Hochwasser-Prognosen sind eindeutig“, sagt Gina Pareigat. Die Stadt stellte den Campern Abstellplätze etwa auf den Parkplätzen an der Aue und am Rheinstadion zur Verfügung. Die Schäden sind enorm; das ganze Ausmaß lässt sich noch gar nicht abschätzen.

Von Mittwoch auf Donnerstag verzeichnete die Kreisleitstelle in der Spitze 1700 Einsätze, 200 waren am Donnerstagmorgen noch offen, weitere Einsätze sind zu erwarten. Allein am Mittwoch gingen bei der Kreisleitstelle 12 000 Notrufe ein. Alle Feuerwehren, die Hilfsorganisationen und das THW sind an zahlreichen Stellen im Kreisgebiet im Einsatz und werden durch überörtliche Kräfte unterstützt. Hilfe gab es unter anderem von Feuerwehren aus Duisburg, Kleve, Wesel, Krefeld, Viersen, Mönchengladbach und Steinfurt. Am Donnerstagmittag trafen Bundeswehrheinheiten in Erkrath ein.