Rathaus-Neubau Mönchengladbach bekommt ein gläsernes Rathaus

Mönchengladbach · Der Rathaus-Neubau in Mönchengladbach soll transparent werden. Der Siegerentwurf für das Rheydter Rathaus verbindet das historische Gebäude mit modernen Elementen.

Die Sicht von oben auf das Siegerkonzept macht die Idee des gläsernen Riegels noch deutlicher.

Foto: Stadt Mönchengladbach/sop architekten GmbH, Düsseldorf

Der Umbau des Marktplatzes hat das Zentrum von Rheydt bereits markant verändert, bald könnte sich das Bild noch weiter wandeln: Wenn sich die Pläne für den Rathaus-Neubau auch nach der detaillierten Kostenberechnung als wirtschaftlich erweisen, wird dort eine Mischung aus denkmalgeschützten Bauwerken und moderner Architektur entstehen.

Der Entwurf des Düsseldorfer Architekturbüros Slapa Oberholz Pszczulny (SOP), das in Mönchengladbach auch die Textilakademie und das Borussia-Hotel konzipiert hat, nennt sich „Rathaus-Boulevard“. Vorgesehen ist ein gläserner Gebäuderiegel, der sich von der Limiten- bis zur Harmoniestraße zieht. Er verläuft hinter den beiden Denkmälern Historisches Rathaus und Alte Kommandantur, die dadurch zum Marktplatz einen prominenteren Auftritt bekommen. Die beiden Blöcke mit Karstadt (wird umgebaut) und der heutigen Stadtsparkasse bilden eine einheitliche Linie. Der gesamte hintere Bereich des Rathauses bis zur Stresemannstraße wird abgerissen und neu gebaut, auch das Sparkassengebäude wird durch einen Neubau ersetzt.

Mit einer Gegenstimme hatte sich das 16-köpfige Preisgericht unter Vorsitz von Professor Karl-Heinz Petzinka, Architekt und Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, am Ende des zweistufigen Wettbewerbs dafür entschieden. In anonymisierter Form lagen in der Endphase acht Entwürfe vor. Düsseldorfer Architekten stehen auch auf den folgenden Plätzen mit HPP Architekten und RKW. Auf dem vierten Platz folgt der Entwurf von Schmidt Hammer Lassen Architects aus Kopenhagen.

Der Siegerentwurf erfordere Mut, räumte Petzinka ein. Die Jury habe bei ihrer Entscheidung jedoch „Wert darauf gelegt, dass in Mönchengladbach ein Unikat entsteht“. „Der Neubau wird ein dreifaches Plus bringen“, betonte Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners: Die Bürger profitierten durch besseren Service, die Mitarbeiter erhielten attraktivere und gesündere Arbeitsplätze, was die Stadt beim Wettbewerb um Fachkräfte in eine bessere Position bringe. Personaldezernent Matthias Engel rechnet, wie in Venlo geschehen, außerdem mit deutlich sinkendem Krankenstand. Drittens werde Rheydt gestärkt, so Reiners, nicht nur optisch, auch mit der Frequenz durch die städtischen Bediensteten. Deren Zahl wird um rund 1000 auf dann 1900 steigen, weil die heute stadtweit 26 Standorte in Rheydt zentriert werden sollen. Nur vor diesem Hintergrund ist dieses Großprojekt überhaupt denkbar. Es gehe nicht darum, sich einen Tempel zu bauen, versicherte Planungsdezernent Gregor Bonin. „Alles steht unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit.“ Da stehen auf einer Seite die Sanierungskosten der bisherigen Standorte, auf der anderen die des Neubaus minus der Energieeinsparung. Denn das Gebäude soll – ähnlich dem Venloer Rathaus – ökologisch konzipiert sein und dem „cradle-to-cradle“-Prinzip der umfassenden Wiederverwertbarkeit folgen.

Planungsdezernent Gregor Bonin, OB Hans Wilhelm Reiners, Jury-Vorsitzender Karl-Heinz Petzinka und Architekt Jurek M. Slapa (v.l.) mit einem Modell.

Foto: Denisa Richters

Die Glasfront ist zur Nordseite ausgerichtet, was Transparenz ermöglicht, aber auch ein Aufheizen vermeidet. Die Konstruktion ist aus Holzhybrid und mit Photovoltaik ausgestattet, wie der Architekt und SOP-Mitgesellschafter Wolfgang Marcour ausführt. Durch große Innenhöfe werden die Arbeitsplätze gut belichtet, eine Wasserfläche auf der Marktstraße soll für Kühlung sorgen.

Nur wenn die Wirtschaftlichkeit auch nach detaillierter Kalkulation gegeben ist, wird entschieden, ob das Projekt sich rechnet und umgesetzt wird, wird allseits betont. SPD-Fraktionschef und OB-Kandidat Felix Heinrichs macht das zur Bedingung. Im Vorfeld hatten Gutachter das Beibehalten der bisherigen Standorte inklusive unvermeidlicher Sanierung mit 199 Millionen Euro Kosten bis zum Jahr 2044 kalkuliert.

Damit sich der Neubau rechnet, darf der Neubau demnach 142 Millionen Euro nicht überschreiten. Da auch für Ausweichquartiere während der Bauzeit Geld kalkuliert werden muss, „haben wir bei 126,5 Millionen Euro der reinen Baukosten den Deckel gesetzt“, sagt Kämmerer Michael Heck. Man sei auch im engen Kontakt mit der Bezirksregierung als Kontrollbehörde. Die hatte bereits Bedenken angemeldet. Mönchengladbach darf nämlich nicht noch mehr Schulden aufnehmen. „Nichtstun ist aber keine Option“, sagt Heck.

Foto: Stadt Mönchengladbach/sop architekten GmbH, Düsseldorf

Ob das Großvorhaben wirtschaftlicher als die Sanierung des Bestands ist, könnte sich im Laufe des kommenden Jahres entscheiden. Der Siegerentwurf geht in wenigen Wochen zur Entscheidung in die politischen Gremien, danach wird an einigen Stellen nachgearbeitet: Bei den Wegebeziehungen oder dem kleineren Neubau vor Karstadt (der im Entwurf verblüffend einem Teil des „Ingenhoven-Tals“ vor dem Düsseldorfer Schauspielhaus ähnelt) hat die Jury Nachbesserungsbedarf. Bonin kann sich dort ein Fahrradparkhaus vorstellen.

Auch aus der Politik und seitens der Bürger rechnet man mit Anregungen. Ab dem heutigen Donnerstag, 11.30 Uhr, sind die Entwürfe in der Stadtsparkasse an der Rheydter Marktstraße ausgestellt. Anfang 2020 sind Bürgerinformationen und Diskussionsrunden geplant.