Velbert Dolmetscherin „Frau Dr. gute Fee“
Velbert. · Hiba A. Bani ist am Helios Klinikum Niederberg da, wenn Patienten und Angehörige nicht weiterwissen, und mit der Situation überfordert sind.
Herr K. sitzt täglich am Bett seiner Frau im Klinikum an der Ronbert-Koch-Straße und hält ihre Hand. Mittlerweile reagiert sie wieder auf seine Worte, kann seine Hand wieder drücken, lächelt ihn an, wenn er das Zimmer betritt und erzählt ihm wie gern sie wieder in den Urlaub fahren möchte. Frau K. ist schwer krank, ihr geschwächter Körper musste schon viel mitmachen: die Nieren und auch die Bauchspeicheldrüse waren nicht mehr funktionsfähig, eine Transplantation der beiden Organe konnte leider nur mittelfristig helfen. Nun ist sie wieder dialysepflichtig und auf
Insulininjektionen angewiesen.
Zwischenzeitlich bangte man um das Leben der Patientin, da eine schwere Infektion hinzukam. Frau K. verlor sogar für einen längeren Zeitraum das Bewusstsein. Sie wurde immer schwächer, verlor zunehmend an Gewicht, die Entzündungswerte im Körper gingen trotz der Therapien nicht zurück. Ihr Mann hat immer an sie geglaubt, geglaubt, dass sie es schaffen wird, auch wenn die Ärzte ihm nicht viel Hoffnung machen konnten. „Meine Frau ist eine Kämpferin! Aufgeben ist für sie keine Option!“.
Doch irgendwann da kam ein Punkt, da war auch Herr K. deutlich angeschlagen. „Die Ungewissheit über den Gesundheitszustand meiner Frau hat mir deutlich zugesetzt. Ich konnte nicht mehr zu ihr durchdringen und an jedem Tag, an dem ich sie besucht habe, hoffte ich auf ein Lächeln als Begrüßung. Denn dann hätte ich wieder die Zuversicht gehabt, dass sie es schafft. Ich schlief sehr schlecht, meine innere Unruhe nahm zu und ich hatte Angst vor dem, was mich wohl am nächsten Tag erwarten würde. Die ganze Situation wuchs mir über den Kopf hinaus. Da wurde mir durch das Pflegepersonal auf der Station im Helios Klinikum Niederberg Frau Dr. Bani vorgestellt“, erzählt Herr K.
Hiba A. Bani hat das Pilotprojekt selbst ins Leben gerufen
Die Medizinerin Hiba A. Bani hat das Pilotprojekt „Dialog D – Dialog in der Diagnose“ ins Leben gerufen. Sie sammelte in ihrer Assistenzzeit über Jahre Erfahrung in der Chirurgie und absolvierte später ihren Facharzt für diagnostische Radiologie. Ihre Gesprächskompetenz vervollständigte sie durch eine Zusatzausbildung in der systemischen Gesprächs
führung.
Die Ärztin möchte Patienten eine Art „diagnostischen Dolmetscherdienst“ anbieten, der Patienten nicht nur in Ruhe und in der für sie verständlichen Sprache wichtige medizinische Fachinformationen erklärt, sondern sie auch bei der Bewältigung der zum Teil veränderten oder auch schwierigen Lebenssituation individuell unterstützt. Ein besonderer Service für stationäre Patienten und deren Angehörige im Umgang mit einer Erkrankung. Ihr Ziel ist es, den Blickwinkel auf eine Krankheit zu ändern. „Wenn ich die Grundidee des Projekts mit einem Wort beschreiben soll, dann ist es Entlastung“, so Dr. Bani. Im Fall von Familie K. nahm die Ärztin Herrn K. die Last, die er bis dato allein auf seinen Schultern trug.
Sie gab ihm Hilfestellung bei aufkommenden Fragen, ging mit ihm nochmals in Ruhe die Befunde durch, stand ihm zur Seite, wenn die Ängste und Sorgen überhandnahmen und noch wichtiger: Sie hörte ihm zu. Ihre Erklärungen verhalfen Herrn K. zu mehr Sicherheit und Transparenz im Umgang mit der komplizierten Krankengeschichte seiner Frau.
Die Idee zu Dialog D reifte lange Zeit neben ihrem Klinikalltag, eine aufgefallene – und aus so vielen, auch nachvollziehbaren Gründen – bestehende Lücke in der Arzt-Patienten-Kommunikation. „Sobald der Arzt aus der Tür ist, fangen die Fragen der Menschen an, die kürzlich erst eine Diagnose erhalten haben, aufkommende Fragen zur Erkrankung, zu den Therapien, persönliche Fragen bezüglich der zwangsläufigen Auswirkungen auf den eigenen Alltag und auf seine lieben. Viele Patienten trauen sich oftmals auch gar nicht genau nachzufragen, sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vielleicht gar nicht adäquat aufnahmefähig. Patienten wollen aber verstehen, was in ihrem Körper und damit auch in ihrem künftigen Leben passiert“, erklärt Bani.
Genau hier setzt das einzigartige Projekt an: Die Ärztin fungiert, aufgrund ihres medizinischen Hintergrundes, wie eine Schnittstelle zwischen Arzt und Patient. Sie „übersetzt“ die medizinischen Fachbegriffe in Einzelgesprächen, damit Patienten lernen, eine Diagnose nicht mehr nur als „ausweglos“ und negativ zu empfinden, sondern das Leben stattdessen mitsamt der Krankheit besser zu
bewältigen.
Und genau das hat auch Familie K. das Leben enorm erleichtert. Herr K. trifft sich regelmäßig mit seinem Patientencoach, seiner „Frau Dr. gute Fee“, wie er die Ärztin mit einem Schmunzeln nennt. Sie hat ihm gezeigt, dass er nicht allein mit der Situation ist.