Autor aus Mönchengladbach-Rheydt Der Neustart eines schwulen Vaters
Mönchengladbach/Berlin. · Der gebürtige Rheydter Samuel Coenigsberg bindet in seinem Debütroman „Que(E)rflug“ biografische Erfahrungen ein. Der zweite Band ist in Arbeit.
Lange Zeit habe er sich in der eigenen sexuellen Identität einsam gefühlt und sich selbst nicht so annehmen wollen. Das betont Levy Bergmann, Hauptfigur in Samuel Coenigsbergs Debütroman „Que(E)rflug“. Im Prolog beschreibt sich das literarische Ich als „schwul, Vater zweier erwachsener Kinder, mit entferntem Migrationshintergrund und zu allem Überfluss HIV-positiv“.
Coenigsberg erzählt von der schwierigen geschlechtlichen Identitätsfindung seines Protagonisten und der Krise des familiären Umfeldes. Die Rahmenhandlung trägt autobiografische Bezüge und ist ergänzt um literarisch aufbereitete Erfahrungen anderer homosexueller Väter.
Seit zwei Jahren lebt Coenigsberg in Berlin. Aufgewachsen ist er in Rheydt. Bis heute bezeichnet er den Stadtteil als „Heimat der Kindheit und Jugend mit einer bleibenden Rolle in meinem Leben“. Wie für Romanfigur Levy begann auch bei Coenigsberg nach spätem Outing eine persönliche und berufliche Neuorientierung. „Ich wollte nicht eine melodramatische Riesengeschichte schreiben, sondern auch zeigen, wie das Leben eines schwulen Vaters abgelaufen sein kann und welche Hoffnungen bestehen, nach großen Schwierigkeiten doch noch glücklich zu werden“, sagt der 58-Jährige. Er versteht sein Buch als Botschaft an schwule Väter, sich nicht gängigen Normen anzupassen, sondern zu sich selbst zu stehen. Eine aufrichtige und verantwortliche Haltung in der geschlechtlichen Identitätsfindung und Verantwortung gegenüber bestehenden Ehen oder künftigen Familien ist ein Muss, so der Autor. Ebenso ist es ihm ein Anliegen, die Stigmatisierung schwuler Väter bewusst zu machen. „Es ist ein Irrtum zu glauben, sie hätten ihre Frau und ihre Kinder nie geliebt. Meine Exfrau ist für mich bis heute die schönste Frau“, versichert Coenigsberg.
Der Kern der Geschichte war in zwei Monaten geschrieben, doch bis zur Veröffentlichung vergingen elf Jahre. „Ich habe zwischendurch nicht an mich geglaubt. Doch dann drängten Freunde, das muss raus.“ Ursprünglich schrieb er das Buch als Vermächtnis für die eigenen Kinder in der Zeit, als er nicht wusste, ob er sie je wiedersehen würde. Heute besteht ein „ausgewogener Kontakt“, und der zweite Band mit dem optimistischen Titel „Aufwind“ ist in Arbeit. „Er erzählt, wie es Levy gelingt, sich in sein neues Leben einzufügen, Frieden mit sich, der Kirche und seinem Gott zu finden“, verrät der freikirchlich engagierte Christ, der sich 2016 erneut taufen ließ.
Info Der Roman ist erhältlich über epubli.de, Thalia, Hugendubel, Amazon, Weltbild und im Buchhandel. Ein Hörbuch ist in Produktion.