Auf dem Abteiberg wird die Kunst der Fotografie gezeigt

Das Museum zeigt Bilder von Man Ray und Sigmar Polke.

Foto: Inge Schnettler

Sollte es tatsächlich Gemeinsamkeiten geben? Waren die beiden Künstler nicht in Wirklichkeit grundverschieden? Man Ray, geboren am 27. August 1890 in den Vereinigten Staaten, Sigmar Polke, ein halbes Jahrhundert später, am 13. Februar 1941 in Polen — die beiden trennen doch Zeiten und Welten. Ulrike Engelke wusste es besser. Die Kunsthistorikerin schaffte es, vor den Arbeiten der beiden Künstler im Museum Abteiberg eine ansehnliche Schar von Interessierten mit dem Werk der beiden Künstler vertraut zu machen und tatsächlich ähnliches Gedankengut und übereinstimmende künstlerische Ansätze herauszuarbeiten.

Das Museum hat einen ordentlichen Fundus an Schwarz-Weiß-Fotografien von Man Ray. In Paris hat er in den 20er und 30er Jahren Prominente abgelichtet, auch ein Selbstporträt mit Kamera hängt in der unteren Ebene. Rays Fotos wurden als Kunst anerkannt, vorher hatte man ihnen keine künstlerische Bedeutung zugemessen, sie dienten lediglich als Handwerk zur Vervielfältigung. Angefangen hatte Man Ray mit Alltagsgegenständen, die er auf Fotopapier legte und belichtete. Obwohl er nicht der Erfinder dieser Technik war, nannte er das Verfahren „Rayographie“. Das Experimentieren mit alltäglichen Dingen hatte er bei Marcel Duchamp bewundert. Die beiden wurden Freunde, Duchamp war es auch, der Man Ray dazu brachte, mit der Kamera Kunst zu schaffen.

Das Besondere an den Porträts, die Man Ray mit der Kamera machte, ist augenfällig. Ulrike Engelke machte es am Beispiel von Meret Oppenheim deutlich, die 1933 von ihm abgelichtet wurde. Eine deutliche schwarze Linie umfasst das seitlich aufgenommene Gesicht. „Man Ray arbeitete mit dem stilistischen Mittel der Solarisation — einer starken Überbelichtung“, erklärte Ulrike Engelke. „Dadurch bekommt das Porträt etwas ausgesprochen Malerisches.“

Auch Sigmar Polke arbeitet mit Licht. Auch er fotografierte, „und er liebte die Arbeit in der Dunkelkammer.“ Der Umgang mit den Chemikalien faszinierte ihn, der mystische Prozess bei der Sichtbarwerdung des Abgelichteten. Fließende Grenzen zwischen Fotografie und Malerei erschuf er mit seinen Rasterbildern. Tatsächlich malte er mit dem Pinsel winzig kleine Punkte auf die Leinwand, setzte so Pressefotos in Malerei um. „Ich liebe Punkte“, hat der Künstler einmal gesagt, „die Punkte sind meine Brüder. Ich bin auch ein Punkt.“ Wie sich Bilder durch die Einwirkung von Licht auch über viele Jahre verändern, beweist Polkes Biennale-Zyklus im oberen Kleeblatt-Raum. „Hier finden nach wie vor evolutionäre Naturvorgänge statt“, sagte Ulrike Engelke. Für die Biennale in Venedig 1986 geschaffen, haben die sechs Bilder eine dauerhafte Heimstatt im Museum Abteiberg gefunden.

Was sind denn also die Gemeinsamkeiten, die diese beiden richtungsweisenden Künstler miteinander vergleichbar machen? „Beide waren eher ruhige Menschen, hielten sich gern in der zweiten Reihe auf“, sagte die Kunsthistorikerin. Beide fotografierten, filmten, malten, beide liebten Okkultes, beide arbeiteten mit chemischen Materialien, beide experimentierten mit dem Licht. Man Ray und Sigmar Polke — die Licht-Künstler .