Bagel kündigt seinem Personal

Verdi wertet die Kündigungen als Reaktion auf die geplante Gründung eines Betriebsrates.

Bagel kündigt seinem Personal
Foto: Jörg Knappe

Die Broschüre „Einkauf aktuell“ sowie andere Einzelhandelswerbung und Postwurfsendungen werden künftig wohl von anderen Mitarbeitern eingeschweißt. Denn wie die Gewerkschaft Verdi gestern mitteilte, entlässt das Unternehmen Bagel Direkt GmbH mit Sitz an der Neuwerker Grunewaldstraße die komplette Belegschaft. Dies sei am vergangenen Freitag bei einer Betriebsversammlung mitgeteilt worden; einigen der 44 Festangestellten habe man angeboten, im Rahmen eines Werksvertrages weiterzuarbeiten. Das sagte gestern Verdi-Gewerkschaftssekretär Jörg Krings. Darüber hinaus sei auch der Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma Pekon, die Bagel Direkt weitere rund 130 Beschäftigte entliehen hatte, gekündigt worden. Der Geschäftsbetrieb solle jedoch aufrechterhalten werden. Schon zuvor sei in dem Unternehmen „unter erschwerten Bedingungen mit einer sehr geringen Entlohnung“ gearbeitet worden, so Ernst.

Grund für die Entlassungen ist laut Verdi die Absicht der Beschäftigten, einen Betriebsrat zu gründen. Dem widerspricht Geschäftsführer Udo Bogner, der von einer „Falschaussage“ spricht, allerdings vehement: „Damit haben wir überhaupt kein Problem. In anderen Teilen des Konzerns sind Betriebsräte selbstverständlich.“ Hinter dem Vorstoß für die Gründung eines Betriebsrats, hinter dem im Übrigen nicht die komplette Belegschaft gestanden habe, habe man jedoch ein anderes Ansinnen vermutet, nämlich einen „Erzwingungsstreik zur Durchsetzung eines Tarifvertrags mit einer für uns nicht bezahlbaren Kostenstruktur“.

Dieser Gefahr einer „politischen Maßnahme Verdis“ habe man vorbeugen müssen — und sich entschieden, den Betrieb im Rahmen der gültigen Kündigungsschutzfristen „komplett technisch einzustellen“. Auch das Thema Leiharbeit mit insgesamt 170 Mitarbeitern habe man beendet. „Wir wollen den Geschäftsbetrieb aber mit Partnerunternehmen fortsetzen“, sagt Bogner.

Und man habe den Mitarbeitern angeboten, auf diese Weise unter Anrechnung der Betriebszugehörigkeit zu denselben Konditionen „ohne wirtschaftliche Verluste“ weiter für das Unternehmen tätig zu sein. Auch den bisher eingesetzten Leiharbeitern habe man angeboten, den Arbeitgeber zu wechseln. Bagel Direkt, das seit der Gründung 2006 die Verpackung für Werbebroschüren betreibt, wäre durch einen Streik schnell komplett lahmzulegen, sagt Bogner. „Wir hätten dann keinerlei Ausweichmöglichkeiten.“ Und eine Lohnsteigerung durch einen Flächentarifvertrag könne man schlichtweg nicht verkraften. Bisher zahle man für Helfer Mindestlohn, in übrigen Bereichen sei man in etwa „vergleichbar mit Logistiktarifverträgen“. Einen zweiten Standort mit laut Bogner „niedrigeren Produktionskosten“ gibt es in Freising.

Für Verdi ist es nichtsdestotrotz die versuchte Betriebsratsgründung, die ursächlich für die Massenentlassung ist. Die von Sekretär Krings dazu einberufene Versammlung war für morgen anberaumt. „Seit gut zwei Wochen wusste das Unternehmen von dem Bestreben, einen Betriebsrat zu etablieren“, sagt Krings. „Die Kollegen wollen nichts weiter, als ihr gesetzlich verbrieftes Recht in Anspruch zu nehmen und erträgliche Arbeitsbedingungen erreichen. Wie passt dies mit der Philosophie eines Unternehmens zusammen, die unter anderem besagt, ‚gesellschaftlich verantwortlich zu handeln‘?“

Bagel Direkt gehört zur Gladbacher TSB-Druckereigruppe; die Abkürzung steht für Tiefdruck Schwann-Bagel. TSB wiederum ist an die Düsseldorfer Bagel-Gruppe angedockt, die 1801 gegründet wurde und sich darauf beruft, seit über 200 Jahren familiengeführt zu sein.