Baracken für neue Flüchtlinge
Problem: Weil die Stadt mehr als 60 Menschen aufnehmen muss, wird ein Heim in Neuwerk wieder geöffnet. Das ist in keinem guten Zustand.
Mönchengladbach. Eine junge Frau putzt Zimmer in der großen Baracke Bockersend nahe der A 52 in Neuwerk. "Hier im Block 1 haben 88 Personen Platz, neun sind hier", sagt ein Hausmeister. "Das Gebäude auf der anderen Seite werden wir wohl nicht brauchen, da gehen auch 88 rein", sagt er.
Gladbach werden mindestens 60 weitere Flüchtlinge zugewiesen. Und weil der Platz für diese Menschen vor allem aus Mazedonien fehlte, hat Beigeordneter Peter Holzenleuchter (CDU) kurzentschlossen das Bockersend wieder geöffnet.
"Block 1" soll bis zum Wochenende zahlreiche Menschen, darunter Sinti- und Roma-Familien, aufnehmen. Das Bockersend hatte man in der Stadtverwaltung wegen der rückläufigen Asylbewerberzahlen bereits aufgegeben. Seit Ende März verwahrloste der Bereich mit den Bauten aus verwitterter Holzfassade zusehends.
Doch als jetzt die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Stelle ankündigte, dass Gladbach mit mindestens weiteren 60 "Zuweisungen" zu rechnen habe, rückten die abseits gelegenen Baracken schnell wieder in den Mittelpunkt.
Bereits bis Ende September waren die Flüchtlingszahlen stark gestiegen - etwa 110 Männer, Frauen und Kinder fanden in den Häusern Hardter Straße, Eickener Straße und Luisental Platz. Zum Vergleich: 2008 baten 69 um Asyl, 2009 insgesamt 108. In den drei Gebäuden leben derzeit mehr als 310Kinder, Jugendliche und Erwachsene - viele von ihnen kommen aus Afrika, sagte gestern ein Stadtsprecher.
Anlass für den neuerlichen Zustrom sei der Wegfall der Visumspflicht für Bürger aus Mazedonien, Serbien und Montenegro. 50 bis 60 Menschen stellten täglich in NRW einen Asylantrag, sie werden dann an Städte wie Mönchengladbach weitergereicht.
Bei den jetzt aus der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien einreisenden Bewerbern handelt es sich hauptsächlich um Menschen, die in den 90er Jahren bereits mit ihren Eltern in Gladbach waren, nach dem Bürgerkrieg aber ausreisen mussten. Meistens dauert ein Asylverfahren sechs Wochen bis drei Monate. Aktuell leben in Gladbach 321 Asylbewerber mit Flüchtlingsstatus.
Die Stadt gibt für sie rund 2,3 Millionen Euro pro Jahr aus. 1,5 Millionen entfallen auf den Lebensunterhalt, 522000 Euro auf Krankenhilfe, 280000 Euro auf Unterkunft und Personal - zum Beispiel Hausmeister. Zwar erhält die Stadt vom Land eine Pauschalsumme von 425000 Euro. Doch dieses Geld reicht nicht aus, alle Kosten zu decken. Folglich hat OB Norbert Bude (SPD) der rot-grünen Landesregierung geschrieben und sie eindringlich gebeten, die Stadt nicht auf den Kosten sitzen zu lassen.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung ("Sachgebiet für Asylbewerber/ausländische Flüchtlinge") nehmen die Neuen in Empfang und informieren sie über ihre Bleibe im Bockersend. Hier erhalten sie auch Möbel, Bettwäsche und einen Schein, der zum Einkauf in einer Kleiderkammer (zum Beispiel des Volksvereins) berechtigt. Für die Zubereitung von Mahlzeiten steht eine Gemeinschaftsküche zur Verfügung.
An Geld bekommen der Haushaltsvorstand 189,18Euro pro Monat, weitere Angehörige 158,50, Kinder unter sieben Jahre 112,48Euro. Behandlungen im Krankheitsfall werden übernommen. Haben Flüchtlinge eigenes Einkommen, zahlen sie 64 Euro pro Monat für den Aufenthalt im Übergangswohnheim, wenn nicht, wird dies als Sachleistung gewährt. Bei der Stadt geht man davon aus, dass nur wenige Asylanträge bewilligt werden. Da die Kriegswirren beendet seien, würden die meisten mit einer Aufbauhilfe von 550 Euro zurückgeschickt.