Baustellen-Anwohner sind in Geldsorgen
Anlieger sollen zum Teil fünfstellige Beträge für mehrere Straßenbauarbeiten zahlen.
Lorenz Heitzer traute seinen Augen kaum, als er im Schreiben der Stadt las, was er bezahlen soll. Bis zu 26 000 Euro, sein Anteil als Anlieger, wenn in den kommenden Monaten die Eickener Straße zwischen der Hohenzollernstraße und dem Spielkaulenweg ausgebaut wird. „Ich weiß nicht, woher ich das Geld nehmen soll“, schimpft er.
Dabei gibt das Kommunalabgabengesetz der Stadt durchaus recht. Sie darf Grundstückseigentümer an den Kosten beteiligen, wenn die Straße erneuert wird. Im Oktober 2014 beschloss die Bezirksvertretung Nord den Ausbau der Eickener Straße auf dem Abschnitt als Folge des Kanalbaus der NEW. Dort war mit Gesamtkosten in Höhe von 1,36 Millionen Euro kalkuliert worden, von denen 210 000 Euro von der NEW kommen. Und weitere 220 000 Euro von den Anliegern. Die Zahlen — die auch genauso noch im Haushalt unter Investitionen stehen — stimmen mit einer aktuellen Kalkulation der Verwaltung aber nicht mehr überein. Jetzt ist von einem Gesamtaufwand von gut zwei Millionen Euro und einem Anliegeranteil von mehr als 893 000 Euro die Rede, der auf die Anlieger entsprechend der Grundstücksgrößen und Baugeschosse aufgeteilt werden muss. Plötzlich ist der Anliegeranteil gut viermal so hoch wie in der Beratungsvorlage aus dem Jahr 2014.
Ein Unding, findet CDU-Ratsherr Matthias Johnen: „Es ist in Ordnung, dass Anwohner zu den Kosten herangezogen werden, schließlich steigt dadurch auch der Wert der Grundstücke. Aber diese massive Abweichung und die in den Einzelfällen sehr hohe Belastung für die Anlieger ist unzumutbar.“ Johnen will von der Verwaltung wissen: Ist damals falsch gerechnet worden? Ist der Bau noch vor dem ersten Spatenstich teurer geworden? Oder wurden die bekannten Kosten nur anders verteilt?
„Da sind der Verwaltung tatsächlich zwei Fehler unterlaufen“, sagte gestern Stadtsprecher Wolfgang Speen. „Die anfängliche Kostenschätzung war zu niedrig angesetzt, und außerdem hatte man die Straße falsch eingeordnet.“ So sei aus der Haupterschließungsstraße eine Hauptverkehrsstraße gemacht worden. „Wir sollten uns überlegen, wie wir die Kosten auf Anlieger umlegen“, sagt Johnen. Das Gesetz biete die Möglichkeit, Durchgangsstraßen anders auf Anlieger umzulegen als Anwohnerstraßen. „Die Eickener Straße wird nicht nur von den Anliegern genutzt“, sagt Johnen.
Klaus Barthelmes
Gut möglich auch, dass die Stadt die Kosten absichtlich zu hoch angesetzt hat. Denn bei den bisherigen Schreiben an die Anwohner handelte es sich um Informationsschreiben, noch nicht um Bescheide. Die kommen erst bis zu vier Jahre nach dem Ausbau. Die Summe, die die Stadt letztlich verlangt, darf nicht mehr höher sein als im ersten Informationsschreiben. Da ist es verlockend, großzügiger zu kalkulieren.
Ein anderer Fall: Klaus Barthelmes ist in großer Sorge. Der 80-Jährige sieht seine Existenz gefährdet. Weil die Straße Bahner in Giesenkirchen, an der sein Grundstück mit dem Reitstall liegt, erneuert wird, kommen auf ihn als Anlieger hohe Kosten zu. Derzeit verlegt der Versorger NEW neue Kanäle, danach soll die Straße saniert werden. „Ich soll 92 000 Euro bezahlen“, sagt er. „Das kann ich nicht, das ist das Ende meines Reitstalls.“ Die Höhe der geforderten Beteiligung richtet sich nach der Größe des Grundstücks. Das Areal von Klaus Barthelmes misst 25 000 Quadratmeter. Der Giesenkirchener ist sicher: „Es hätte gereicht, wenn die Stadt sich für einen normalen Straßenüberzug entschieden hätte.“ In dem Fall müssten die Anwohner sich nicht beteiligen. Hermann-Josef Krichel-Mäurer (SPD) widerspricht: „Eine schlichte Asphaltdecke geht an dieser Stelle nicht mehr.“