Bei Gardeur geht eine Ära zu Ende
Gerhard Kränzle, ehemaliger Mehrheitseigentümer und CEO des Unternehmens scheidet nach rund acht Jahren aus. Auf eigenen Wunsch, wie es heißt. Die Duijndam-Gruppe hatte den insolventen Hosenhersteller 2017 übernommen.
In der Belegschaft ahnte man offenbar schon länger oder wusste sogar Bescheid, was gestern Morgen um 6.10 Uhr per Pressemitteilung verkündet wurde: Gerhard Kränzle ist ab dem 31. März nicht mehr Teil des angeschlagenen Hosenspezialisten Atelier Gardeur. Damit endet in der Unternehmenszentrale an der Alsstraße eine Ära, die 2010 mit dem Einstieg als Geschäftsführer in dem damals verlustreichen Unternehmen begann, 2012/13 ihren Höhepunkt fand mit der Übernahme der Mehrheit an dem 1920 gegründeten Traditionsunternehmen — und im Oktober 2017 ihren Tiefpunkt mit dem Insolvenzantrag in Eigenverantwortung erreichte.
Steef Duijndam, geschäftsführender Gesellschafter
Als Folge der Schieflage verloren 66 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Kränzle blieb auch nach der Eröffnung der Insolvenz zunächst in der Geschäftsführung und suchte mit Insolvenzverwalter Biner Bähr einen neuen Investor. Der heißt Steef Duijndam und hat jetzt das Sagen. „Gerhard Kränzle hat in seinen 7,5 Jahren bei Gardeur viele zukunftsweisende Veränderungen angestoßen, um das Unternehmen in eine neue Ära zu führen. Zusammen mit dem hochengagierten Team hat er Gardeur neu ausgerichtet, die Marke konzentriert und sehr gute Arbeit in der Vertikalisierung geleistet“, teilte Duijndam, geschäftsführender Gesellschafter der Atelier Gardeur GmbH, zu der Personalie mit. „Ohne die durch externe Faktoren ausgelöste Liquiditätskrise wäre Gardeur unter seiner Führung auf einem sehr guten Weg gewesen.“ Duijndam dankte Kränzle „für die professionelle und verantwortungsvolle Übergabe in den vergangenen vier Monaten“. Damit sei sichergestellt worden, „dass wir mit seinen wertvollen Impulsen nun weiterarbeiten und Gardeur in eine erfolgreiche Zukunft führen können“.
Kränzle wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert: „Mir lag am Herzen, den Staffelstab sicher an die neue Führung zu übergeben.“ Jetzt sei es aber an der Zeit loszulassen. Die Marke sei für ihn mehr als sieben Jahre lang „meine berufliche Heimat und Berufung“ gewesen. Er freue sich darauf, im kommenden Jahr nach einer Auszeit „an anderer Stelle zu wirken“, so Kränzle.
Zuletzt war Gerhard Kränzle noch für die Bereiche Design, Marketing und Vetrieb zuständig. Thomas Kültz, ein Vertrauter Duijndams, übernahm die Bereiche Finanzen, Planung und Controlling. Und Duijndam selbst wollte „Erfahrungen und Kontakte einbringen, auch im operativen Geschäft“, wie er im Januar im Interview mit dem Fachmagazin „Fashion United“ sagte. „Ich werde das in Mönchengladbach tun, aber auch, indem ich Kunden in Deutschland und im Ausland besuche.“
In der Mitteilung aus dem Unternehmen ist auch die Rede von „großem persönlichen und finanziellen Einsatz“ des neuen Eigners, mit dem die Beschaffung ermöglicht, die Produktion angekurbelt und so die Lieferfähigkeit wieder hergestellt sei. Duijndam hatte angekündigt, Finanzmittel in ausreichender Höhe beizusteuern. Dem Vernehmen nach wurde bisher aber deutlich mehr Geld in die Hand genommen als zunächst vorgesehen, um Gardeur wieder fit zu machen. Das Unternehmen ließ gestern entsprechende Fragen unbeantwortet. Auch zur Umsatzentwicklung machte das Unternehmen Gardeur gestern keine Angaben.