Chemo möglichst vermeiden
Lichtblick aus Gladbach: Auf den Therapie-Hammer könnte bei vielen Frauen mit Brustkrebs vielleicht bald verzichtet werden.
Mönchengladbach. Krebsforscher aus der ganzen Welt schauen immer wieder auf Mönchengladbach: Die Studien der Westdeutschen Studiengruppe (WSG), die ihren Sitz am evangelischen Bethesda-Krankenhaus hat , ernten großes Interesse. Und zum zweiten Mal in Folge wurde der Gladbacher Oberarzt Dr. Oleg Gluz mit dem ASCO Merit Award der Amerikanischen Krebsgesellschaft für Arbeiten mit herausragender wissenschaftlicher Bedeutung ausgezeichnet.
Hintergrund: Dem Team um Professor Ulrike Nitz, Chefärztin der Senologie (Medizin rund um die weibliche Brust), gelingt es nach Bethesda-Angaben, die Therapien gegen Tumore immer individueller auf die betroffene Patientin zuzuschneiden. „Wir vermuten, dass man in absehbarer Zukunft in 60 bis 70 Prozent der Fälle von hormonsensiblem Brustkrebs auf eine Chemotherapie verzichten kann“, sagt Nitz.
Ein Lichtblick für Betroffene, denn die „Chemo“ ist eine echter Therapie-Hammer und muss bislang vorbeugend meist über ein halbes Jahr verabreicht werden. Der weithin sichtbare Haarausfall ist eine der harmloseren Nebenwirklungen. Übelkeit, Müdigkeit, Fieber, Immunschwäche, Verlust der Fruchtbarkeit, Durchfälle, Entzündungen und Gedächtnisschwächen beeinträchtigen die Patientinnen in manchen Fällen so stark, dass sie erwerbsunfähig werden.
Bereits im vergangenen Jahr war der 33-jährige Oleg Gluz mit dem gleichen Preis für die Forschungen der WSG zum hormonsensiblen Brustkrebs ausgezeichnet, der 80 Prozent aller auftretenden Fälle ausmacht. Mithilfe eines zusätzlich zu den Standardtests durchgeführten genetischen Fingerabdrucks vom Tumor konnten 20 Prozent mehr Patientinnen mit einer Niedrig-Risikosituation identifiziert werden. „Jetzt kann man die Therapien besser auf die Patientin abstimmen“, fasst der Arzt das Ergebnis zusammen. „Bei vielen Patientinnen des Brustzentrum Niederrhein konnte auf eine vorbeugende Chemo verzichtet werden.“
Einen „unverzichtbaren Vorteil“ bringt die Chemo nach Meinung der Experten bei Patientinnen, die von einem hochaggressiven Tumor mit dem Brustkrebsgens BRCA1 befallen sind. Diese Frauen entschieden sich heute häufig dafür, sich die Brüste abnehmen lassen, um das Erkrankungsrisiko zu senken. Weltweite Aufmerksamkeit erlangte dieses Thema durch die Entscheidung eines Hollywood-Stars: „Nach dem Presseecho auf Angelina Jolie im vergangenen Jahr haben wir auch in Mönchengladbach viele dieser Operationen durchgeführt“ so Professor Nitz vom Brustzentrum Niederrhein.
Die amerikanische Schauspielerin ist erblich vorbelastet, ihre Mutter starb früh an Brustkrebs, und sie hat auf diese Weise ihr Erkrankungsrisiko von 87 auf fünf Prozent gesenkt. „Frauen mit diesem Karzinom sprechen sehr gut auf eine höher dosierte Chemotherapie an, die jedoch kürzer verabreicht werden kann“, sagt Gluz über das Ergebnis seiner Forschungsarbeit, für die er in diesem Jahr bei der 50. Jahrestagung der Amerikanischen Krebsgesellschaft ausgezeichnet wurde. Red