Der Sonnenhausplatz erstrahlt in neuem Glanz

Das Zentrum der Stadt ist nicht mehr wieder zu erkennen — und kommt toll an.

Erinnern Sie sich noch, wie der Platz früher ausgesehen hat? Also — ganz früher. Noch bevor das Minto erbaut wurde und die Interimshalle Vis-à-Vis vorübergehend da stand. Fällt schwer, nicht wahr? Versuchen wir es gemeinsam. Also: Da war kein Platz, so viel ist sicher. Da war eine riesige Kreuzung. Auf der Hindenburgstraße fuhren die Busse auf und ab — heute fahren sie nur noch bergauf. Auf der vierspurig ausgebauten Stepgesstraße brauste der Verkehr. Vor dem Sonnenhaus — damals noch mit grünen Sichtblenden an den Balkonen — war ein winzig kleiner Freiraum. Diesen als Platz zu bezeichnen, wäre anmaßend gewesen. Stufen führten auf die Fläche vor dem Stadttheater — das war ein Platz, ja. Das Iduna-Hochhaus stand gleich daneben. Beide Gebäude sind weg, an ihrer Stelle steht das Minto. Seit Sonntag haben die Gladbacher einen nigelnagelneuen wunderschönen Platz mit sieben Eseln aus Bronze.

Und alles ist anders. Mönchengladbach hat ein komplett neues Zentrum, einen weitausholenden, sympathisch sparsam möblierten, frei atmenden Platz bekommen, der völlig ungewohnte Sichtachsen ermöglicht und das Architekturensemble rundum neu interpretiert. Das Minto mit seiner schön geschwungenen Fassade dominiert den nördlichen Rand, das Sonnenhaus, in den 60er Jahren gebaut, strahlt ungeahnte Eleganz und Ästhetik aus. Der Hans-Jonas-Park ist die Fortsetzung des Platzes — und führt gleichzeitig hinauf zum Haus Erholung und zum Museum Abteiberg. Das ist ganz im Sinne des Architekten Hans Hollein und des damaligen Museumsdirektors Johannes Cladders, die das Museum als Teil der City verstanden haben wollten. Nun ist die Richtung klar, vorbei an der Kunst im „Ahnungslosen Traum vom Park“ geht es hinauf auf den Abteiberg. Das Museum ist nicht näher herangerückt, aber jetzt nur noch einen Augenblick entfernt. Und die bunt erleuchtete „Traumstraße“ von Alex Morrison zwischen dem Fliescher- und dem Spatzenberg erhält eine ganz neue Bedeutung.

Und dann die Esel. Das Unternehmen Unibail-Rodamco, Besitzer und Betreiber des Minto, hat sie den Bürgern der Stadt geschenkt. Toll! Die Kinder haben sie sofort angenommen, begeistert erklimmen sie die Rücken der bronzenen Tiere — das freut auch die Erwachsenen. Von Kritik an dem siebenteiligen Kunstwerk von Rita McBride war zumindest am Eröffnungstag nicht mehr viel zu hören. Sie sind aber auch wirklich fein anzusehen. Sie haben auf gewundenen Pfaden, die in der Dunkelheit leuchten, ihren Platz gefunden. Da stehen sie nun — ganz friedlich und still. „Donkey’s Ways“ heißt die Arbeit der renommierten Künstlerin. Die Esel haben ihre Pfade gefunden — nicht gradlinig, wie es die Verkehrsordnung vorsieht und die Stadtplaner mit ihren Straßen vorgeben. Nein, aus allen Richtungen sind sie herangeschlendert, wobei sie keinen geschmeidigen Schlenker ausließen. Schlaue Tiere, tun, was sie für richtig halten. Lassen sich Wege nicht vorschreiben. Und kommen doch an.

Hübsch sind auch die Bänke, die völlig ungeordnet auf zwei Plattformen stehen. Sie sind orange, weiß, grün, beige und grau. Die Passanten können sie zur Sonne ausrichten oder eine Position wählen, die ihnen den schönsten Blick auf den neuen Platz gewähren. Und die noch etwas gerupft aussehenden Bäume haben jahrelang Zeit sich zu entfalten und zu wachsen.

Nur wenig Kritisches gibt es über die neue Mitte der Stadt zu sagen. Sogar das Jugendzentrum Step ist ansehnlicher geworden, seitdem die Außentreppe, die schon seit Jahren wegen Baufälligkeit abgesperrt war, verschwunden ist. Mit einem Hochdruckreiniger ließe sich die Backstein-Fassade prächtig säubern. Ach ja, es fehlen Fahrradständer am Platz, da müsste nachgebessert werden. Und noch etwas: Die Rinnen, die das Regenwasser auf dem Platz ableiten sollen, sind regelrechte Stolperfallen. Das musste eine Besucherin am Eröffnungstag erfahren. Sie stürzte und verletzte sich so sehr, dass sie in ein Krankenhaus gebracht werden musste. Sie wird den Tag nicht in guter Erinnerung behalten.

Die Autofahrer müssen sich an die neue Verkehrsführung gewöhnen. Von der Stepgesstraße können sie auch zukünftig in die Abteistraße einbiegen, um über diese in die Parkhäuser zu gelangen. Spätestens vor dem Museum Abteiberg ist Schluss. Denn vor dem Haupteingang verschwindet die Straße, es entsteht ein Platz zwischen dem Museum und dem Neubau gegenüber, in dem es ein Café mit Außenterrasse geben wird. Vom Alten Markt aus können Autofahrer nur noch bis zur Propstei an der Abteistraße 37 fahren.

Die Art und Weise, wie der Platz am Sonntag begrüßt wurde, stimmt optimistisch. Keine Frittenbuden, keine Bierstände, dafür viel Kultur und pure Freude. Tolle Sache!