Die Garde tanzt nach Karls (5) Kommando
Karl Brose ist der jüngste Kommandant der Juniorengarde in Mönchengladbach.
Die Tür geht auf, Karl Brose begrüßt mich. „Hallo“ sagt der Fünfjährige keck. Von Schüchternheit oder Angst gegenüber Fremden ist bei dem kleinen Mönchengladbacher nichts zu spüren. Stattdessen strahlen seine Augen, er lächelt verschmitzt. Während er mir die Hand gibt, hält er seinen Kopf leicht zur Seite geneigt, so dass die blonden Locken über die Schulter fallen. Er bittet mich hinein. Ich folge ihm. Wo es langgeht, kann der Fünfjährige besonders gut angeben. Kein Wunder, schließlich hat er Übung darin. Karl Brose ist der jüngste Kommandant der Juniorengarde der Prinzengarde Mönchengladbach.
Seit knapp einem Jahr hat er das Amt inne. Annette Böhm, Betreuerin der Juniorengarde, hatte das Talent des Jungen beim Training erkannt. „Das war eine Überraschung für mich“, sagt Karl und lächelt. „Ich wusste da noch gar nicht, dass es so etwas gibt.“ Mit vier Jahren ist er der Juniorengarde beigetreten. Vorher hielten es seine Eltern für zu früh. Dabei fragte Karl schon, seit er zwei Jahre alt war immer wieder danach, seitdem er seine erste Kinderkarnevalssitzung des MKV ansah. „Und wann bekomme ich eine Uniform“, fragte er damals, und dann fast jeden Abend vor dem Zubettgehen. Sein Vater, Peter Brose, gab schließlich nach, informierte sich nach einem geeigneten Einstiegsalter. „Mit vier Jahren darfst du mitmachen“, gab er dem Sprössling als Antwort. Das nahm Karl wörtlich, baute sich an seinem vierten Geburtstag vor seinen Eltern und Großeltern auf und sagte: „Jetzt bin ich vier, jetzt darf ich im Karneval mitmachen.“
Jeden Mittwoch ging er fortan zum Training der Juniorengarde. Elf Mädchen und ein weiterer Junge sind in dem Team. „Am besten am Karneval ist, dass ich mit meiner Truppe bei Veranstaltungen tanze“, sagt Karl. Rund ein halbes Jahr nach seinem Beitritt ist er zum Kommandanten ernannt worden. Tanzen darf Karl auch weiterhin. Jetzt hat er aber auch eine besondere Aufgabe: „Ich gebe auf der Bühne die Kommandos an die Garde, wie ,Aufstellung’, ,Salutieren’ oder ,zu den Tänzen eins, zwei, drei’“, erklärt er.
Sein Lieblingstanz ist die Nummer eins im Programm, zur Musik von Tim Toupets Fliegerlied. Ob er es mal singen möchte, frage ich, in der Annahme, dass Karl verlegen ablehnt. Aber nein, der kleine Kommandant springt sofort von seinem Platz auf, beginnt zu singen und sogar zu tanzen. „Und ich flieg, flieg, flieg wie ein Flieger, bin so stark, stark, stark wie ein Tiger, und so groß, groß, groß, wie eine Giraffe so hoch“, trällert der Fünfjährige, während er mit sichtlicher Freude die Arme zur Seite nimmt und sich im Kreis dreht, um ein Flugzeug zu imitieren. Lampenfieber habe er nicht mehr, erzählt Karl. „Ich war nur bei meinem ersten Auftritt nervös. Aber dann habe ich gemerkt, dass das richtig Spaß macht“, erzählt der Blondschopf. Die Bühne kann ihm da gar nicht groß genug sein. „Mein liebster Auftritt bisher war beim Generalappell. Alle Gruppen waren dabei“, sagt er.
Insgesamt 40 Veranstaltungen besucht Karl in einer Session. Allein an Altweiber-Donnerstag erwarten ihn neun. Das klingt viel für ein Vorschulkind. Doch Karl könnte noch mehr, wie er sagt. „Wenn ich groß bin, will ich mal Präsident werden“, erzählt er. „Die dürfen immer das Mikrofon halten und sind bei allen Veranstaltungen dabei.“ Wenn es irgendwann soweit ist, will er aber nichts am Karneval verändern. „Alles ist gut, wie es ist.“
Karls Freunde finden toll, was der Junge auf der Bühne so macht, obwohl die meisten von ihnen nichts mit Karneval am Hut haben. Das heißt, bis aufs Kamelle-Fangen beim Veilchendienstagszug. Dafür hat der Kommandant, der mit der Juniorgarde in einem eigenen Wagen mitfährt, auch schon ein paar Anfragen bekommen. „Uns musst du ganz viel zuwerfen“, hat etwa sein Cousin Ole (7) verlangt.
Mehr Kumpels hat Karl im Fußballverein. Er spielt seit einem Jahr bei den Bambini von Fortuna Mönchengladbach mit. Auch zwei Tore hat der Jeck schon geschossen, obwohl er in der Abwehr steht — „wie Jérôme Boateng“, erklärt der Junge. Sein Lieblingsspieler ist aber Borussia-Spieler André Hahn. „Weil er früher so viele Tore geschossen hat.“ Danach gefragt, ob er später selbst gerne Fußballprofi oder lieber ein Repräsentant im Karneval werden möchte, sagt er: „Lieber will ich wichtige Sachen im Karneval machen.“