Eltern machen Rathaus zur Kita
Mit Legosteinen und Bobbycars wollen die Eltern auf ihre Lage beim Kita-Streik aufmerksam machen.
Viersen. Vor dem Rathaus stehen Erzieherinnen in roten Streikwesten. Frauen und Männer schieben Buggys zum Rathaus, halten Kinder an den Händen und tragen große Tüten voller Spielzeug. Während die Erzieherinnen vor dem Rathaus stehenbleiben, ziehen die Eltern mit ihren Kindern ins Gebäude — und zwar in die erste Etage. Vor dem Bürotrakt des Bürgermeisters leeren sie die Tüten. Und schon liegt Spielzeug auf den Fluren, Kinder spielen mit Duplosteinen auf dem Boden. Mütter lesen Kleinkindern vor, ein Spielzelt wird aufgebaut, und Kinder rutschen mit Bobby-Cars über die Flure.
Aufgeregte Gespräche sind zu hören. „Wir möchten heute auf unsere Situation aufmerksam machen, in die wir durch den Streik in den Kitas gekommen sind“, erläutert Sabrina Böttcher vom Elternrat der Anne-Frank-Kita in Süchteln. Die Kita wird komplett bestreikt und bietet daher auch keine Notbetreuung an, was vor allen Dingen für berufstätige Alleinerziehende ein großes Problem darstellt. Die Idee zu der Aktion entstand am Freitag, als klar wurde, dass es in eine dritte Streikwoche geht. „Wir saßen mit mehreren betroffenen Eltern zusammen und haben überlegt, was können wir tun, um deutlich zu machen: So geht es nicht weiter. Wir brauchen eine Alternative“, sagt Böttcher.
Als stressige Situation, vor allen Dingen für die Kinder, bewertet Antje Fischer die derzeitige Lage. „Wir sind die einzigen, die die Folgen spüren. Der Streik wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, und das ist nicht schön“, empört sich Markus Schadwald, der Gleitzeit „abfeiert“, um die vierjährige Tochter mit zu betreuen, während seine Frau unbezahlten Urlaub nimmt. Ein Vorwurf, der von etlichen Eltern zu hören ist, ist die schlechte Informationspolitik durch die Stadt. Man wisse nie genau, wann und wie welche Kita streike und wo es Notbetreuung gebe, sagen die Eltern.
„Ich kann die Not der Eltern verstehen, aber wir sind der falsche Adressat“, sagt Viersens Erster Beigeordneter Dr. Paul Schrömbges. „Wir sind nicht die Streikführer. Wir selber müssen uns die Informationen, wann welche der städtischen Kitas streikt und in welchem Umfang, tagtäglich erfragen, und mittels dieser Rückmeldungen können wir dann Informationen an die Eltern geben.“ Er ist mehr als froh, dass auch Kitas, die sich in freier Trägerschaft befinden, aushelfen, wo sie können.
Eine andere Art der möglichen Hilfe ergibt sich durch Gespräche mit dem Elternbeirat der Anne-Frank-Kita während der Aktion. „Die Stadt will uns, nach Abklärung der rechtlichen Rahmenbedingungen, Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, wo wir Kinder mit Hilfe engagierter Eltern betreuen können“, so Böttcher. Es haben sich schon einige Eltern gefunden, die in der Lage sind, Kinder zeitweise zu betreuen. Zudem will der Elternbeirat der Anne-Frank-Kita die Elternbeiräte der anderen Kitas anschreiben, um kitaübergreifend zu arbeiten.