„Falscher Zahnarzt“ zu Bewährungsstrafe verurteilt
Der Angeklagte hatte jahrelang — auch in einer Praxis in Tönisvorst — Patienten behandelt.
Mönchengladbach. Die Aussicht auf eine Wurzelbehandlung sorgt bei vielen Patienten für Gänsehaut. Genau bei diesen Behandlungen ging bei dem Angeklagten einiges schief — aus gutem Grund: Der 33-Jährige hatte laut Anklage seit Mai 2010 und bis März 2012 in Tönisvorst und Mönchengladbach als angestellter Zahnarzt gearbeitet, ohne das Studium der Zahnmedizin abgeschlossen zu haben. Das war dem Mönchengladbacher mit gefälschten Zeugnissen und einer gefälschten Approbationsurkunde gelungen, bis ihm eine Grevenbroicher Zahnärztin auf die Schliche kam.
Das war bereits die dritte Praxis, bei der der Angeklagte als Arzt arbeitete. Am 5. Mai 2012 erstattete der falsche Zahnarzt eine Selbstanzeige. Im Prozess vor dem Schöffengericht zeigte sich der 33-Jährige, der inzwischen als Lagerhelfer arbeitet und ein Fernstudium absolviert, erneut geständig: „Ich bereue, dass ich das Vertrauen der Patienten missbraucht habe.“ Bereitwillig machte er Angaben zur Vorgeschichte. Nach dem Abitur hatte er sich zunächst bei der Bundeswehr für eine Offizierslaufbahn gemeldet. Im Wintersemester 2002/2003 bekam er die Möglichkeit, über die Bundeswehr an der Heinrich-Heine-Uni Düsseldorf Zahnmedizin zu studieren. Doch 2009 kam die Exmatrikulation, weil er zwei Hauptkurse nicht bestanden hatte. Danach entließ ihn die Bundeswehr, weil er das Studium in der Regelstudienzeit nicht geschafft hatte. „Mein Vater war krank geworden. Schon das Physikum hatte ich erst beim zweiten Mal geschafft“, erinnerte er sich niedergeschlagen.
Dann begann der Gladbacher Zeugnisse zu fälschen. Erstaunlicherweise waren die plumpen Fälschungen nicht eher aufgefallen, stellte der Verteidiger am Mittwoch fest. Sie enthielten Rechtschreibfehler und einen nachgemachten Stempel. „Die Zeugnisse habe ich gefälscht, um meine Familie zu täuschen“, sagte der Angeklagte. Aber als die Zahnärztekammer die Approbationsurkunde anforderte, fälschte er auch diese und schickte sie an die Zahnärztekammer Nordrhein. Am 3. September 2010 erhielt er einen Zahnarztausweis. Danach bewarb er sich als Assistenzarzt in Tönisvorst und später in Mönchengladbach.
Klagen von Patienten habe es gegeben, weil er zu langsam gearbeitet habe, sagte der Angeklagte. In Grevenbroich sei dann der Schwindel aufgeflogen. Staatsanwalt Patrick Hoch forderte am Mittwoch für den falschen Zahnarzt eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Doch das Schöffengericht verurteilte den 33-Jährigen zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe mit Bewährung. Allerdings muss er 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. In einem einfühlsamen Plädoyer hatte der Verteidiger Ingo Herbort für seinen Mandanten um eine Bewährungsstrafe gebeten.