Geschichte in 210 Kartons

Wolfgang Löhr forscht gerne in vergangenen Zeiten. Seine Studien hat er jetzt dem Stadtarchiv übergeben.

Foto: Jörg Knappe

Mönchengladbach. 210 Kartons in Regalen, die insgesamt 25 Meter lang sind — so umfangreich sind die wissenschaftlichen Arbeiten, die der frühere Leiter des Gladbacher Stadtarchivs, Wolfgang Löhr, jetzt dem Archiv übergeben hat. 34 Jahre war er Chef dieser Einrichtung, und in den zehn Jahren seines Ruhestands hat Löhr weiter wissenschaftlich geforscht. Der 75-Jährige hat sich jetzt Gedanken darüber gemacht, was mit seinen Arbeiten später einmal geschehen soll.

„Die Nachkommen wissen oft nicht, was sie damit anfangen sollen. Deshalb ist mir die Entscheidung nicht schwer gefallen“, sagt Löhr. Er spricht auch nicht von einem Nachlass, sondern von einem „Vorlass“. Denn die Arbeiten werden erst nach seinem Tod Eigentum des Stadtarchivs.

Wolfgang Löhr über seine Forschungsarbeiten

Löhr hat sich auch noch nicht von allen Unterlagen getrennt, denn er forscht auch heute noch gerne und publiziert die Ergebnisse seiner Arbeit. Noch in diesem Jahr soll ein Aufsatz über den ersten praktisch-sozialen Kurs des in Gladbach gegründeten früheren Volksvereins für das katholische Deutschland erscheinen. Dieser Kurs wurde 1892 in Gladbach abgehalten. „Das war damals ein Paukenschlag, weil sich erstmals katholische Kleriker und Laien gemeinsam mit sozialen Fragen und den Antworten, die die Katholiken darauf haben, beschäftigten“, sagt Löhr.

In den Unterlagen, die er an das Stadtarchiv übergeben hat, befinden sich auch viele Forschungsergebnisse zum niederrheinischen Adelgeschlecht Bylandt, das in Rheydt tiefe Wurzeln hat. Spuren der Familie führten auch in die ehemalige Tschechoslowakei. Löhr besuchte dort in den 80er Jahren häufig das mährische Landesarchiv, um zu forschen und Kopien von den dort gelagerten Aufzeichnungen zu machen.

Spuren von Löhrs Arbeiten finden sich noch heute in Gladbach. So hat der Kindergarten an der Parkstraße bis heute ein Gruppe mit dem Namen „Tonga“. Dieser geht auf den ehemaligen Bischof von Tonga zurück, den früher eine Patenschaft mit Gladbacher Katholiken verband. Auch er ist in dem von Löhr zusammengestellten Findbuch, also einem Inhaltsverzeichnis mit seinen Forschungsergebnissen, aufgelistet.

Historisch Interessierte finden mit Hilfe dieses Buches den Weg zu Löhrs Manuskripten und Notizen, die in nummerierten Kartons aufbewahrt werden. „Viele Sachen schaffe ich nicht mehr. Deshalb befinden sich darunter auch unvollendete Aufsätze“, sagt Löhr. Eines ist klar: Löhr wird auch weiter historische Studien betreiben. Und er freut sich schon jetzt auf die nächste Anfrage, die das Stadtarchiv an ihn weiterleiten wird.