Gladbacher bauen Radrennbahn für Olympia
Holzbau Erwin Karl hat das 250 Meter lange Oval für die Spiele in Rio de Janeiro aufgezogen.
Eins steht fest: Den Zuschlag, die Radrennbahn für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio zu bauen, wird das Mönchengladbacher Unternehmen Holzbau Erwin Karl definitiv nicht bekommen. Der Grund leuchtet ein. „Wir haben dort in der Vergangenheit bereits eine Bahn gebaut, und die wird für Olympia genutzt werden“, sagt Geschäftsführer Klaus Schätz. Seine Mitarbeiter sind daher auch gerade nicht frisch aus Japan, sondern aus Brasilien zurückgekehrt. Genauer gesagt aus Rio de Janeiro, wo vom 5. bis 21. August die nächsten Olympischen Sommerspiele stattfinden. Ebenfalls mit einer Radrennbahn Made in Mönchengladbach.
Eigentlich ist Holzbau Karl ein ganz normales Handwerksunternehmen, mit einer Stammbesetzung von elf Mann am Standort an der Hehner Straße. Vom Dachstuhl bis zur Zimmertür machen sie alles, solange es mit Holz zu tun hat. Die großen Anlagen für den Bahnradsport sind das i-Tüpfelchen obendrauf. „Wir bauen nicht jedes Jahr eine, aber in manchen Jahren auch mal zwei oder drei“, sagt der Geschäftsführer. So ein Großprojekt bedeute dann schnell 20 Prozent mehr Umsatz.
140 Kubikmeter Holz, 70 Kilometer Latten, 800 Quadratmeter Sicherheitsstreifen, 300 Quadratmeter Glas, etliche Tonnen Stahl — das alles wurde benötigt, um das 250 Meter lange Oval in Rio aufzubauen. In sechs großen Seefrachtcontainern wurde das Holz, in fünf weiteren das restliche Material nach Brasilien verschifft. Die Böcke aus Brettschichtholz, die als Träger für die Holzlatten dienen, waren an der Hehner Straße bereits vorgefertigt worden. Neun Mitarbeiter reisten mit an die Copacabana, um mit externen Helfern in insgesamt neun Wochen die Anlage aufzubauen. Von Ende Februar bis Anfang Mai dauerte das.
Bereits Anfang der 70er-Jahre hatte Firmengründer und Namensgeber Erwin Karl die erste Radrennstrecke in Kaarst-Büttgen gebaut — das Leistungszentrum für die Fahrer aus Nordrhein-Westfalen. Das Know-how und das Renommee bekamen seine Nachfolger quasi mitgeliefert, als sie das Unternehmen 1995 übernahmen. Ob Madrid, Los Angeles, Trinidad & Tobago oder Neuseeland — die Experten von der Hehner Straße bauten die Bahnen. Nur in Gladbach nicht, da gibt es nichts dergleichen. Hingegen war Holzbau Karl auch für Olympia 2008 in Peking im Einsatz. „Besonders schön ist es immer, wenn Weltrekorde auf ihnen gefahren werden“, sagt Schätz.
Für die Velodrom-Aufträge arbeitet das Handwerksunternehmen stets eng mit dem Münsteraner Architekten Ralph Schürmann und der gleichnamigen Sportbau-Firma zusammen — ebenfalls bereits seit Jahrzehnten. Schürmann verfügt über die Kontakte in die Branche und plant die Anlagen, die Aufträge für die Unterkonstruktion der Bahnen gehen dann an Karl. 500 000 Euro fallen dafür bei einem Projekt wie dem in Rio de Janeiro dann an. „Er weiß, was er an uns hat“, sagt Schätz. Viele Konkurrenten gibt es auch gar nicht — eigentlich nur einen weiteren in Deutschland sowie einen in den Niederlanden.
Gibt es auch andere Sport-Anlagen, die Karl herstellen kann? „Wir haben früher auch mal Leichtathletik-Indoor-Bahnen gebaut, aber dafür gibt es kaum noch Bedarf“, sagt der Geschäftsführer. Außerdem gebe es dafür in Italien einen etablierten Experten. Sonderlich ausruhen konnten sich die Radrennbahn-Experten von Holzbau Karl nach Rio übrigens nicht: Sie sind bereits nach Australien weitergereist, wo 2018 in der Stadt Gold Coast die nächsten Commonwealth Games stattfinden. „Dort wird man also deutlich früher sein als in Rio“, sagt Klaus Schätz lachend.