Hermges: Der Neubau mit den Narben

Da, wo ein Haus explodierte und ein Mann starb, ist bald ein Neubau fertiggestellt.

Mönchengladbach. Im Neubau am Siepensteg 11 in Hermges setzen die Handwerker gerade die Fenster ein. "Das wird schon ein schönes Haus, doch es kann die Narben nicht verdecken", sagt Mario Bohm (52), ein Nachbar.

Bohm, der am Dienstag Geburtstag feierte, hat miterlebt, was am 9. März 2008 um 14.21 Uhr am Siepensteg passierte. Da gab es im Mehrfamilienhaus mit der Nummer 11 eine Explosion.

Karl-Heinz I., 45 Jahre alt, starb, mehrere Bewohner wurden schwer verletzt. Darunter der zu dem Zeitpunkt 22-jährige Sascha H.. Er soll die verheerende Detonation herbeigeführt haben - aus Liebeskummer.

19 Monate später lässt eine Willicher Eigentümer-Gemeinschaft an derselben Stellen einen Neubau hochziehen. Die Entwürfe stammen aus dem bekannten Architekten-Büro Fritz Otten in Raderbroich.

In Bohms Wohnung gleich nebenan sind immer noch Risse von der Detonation zu sehen. "Ich habe mich damals bei dem Knall sehr erschreckt, mich mit Kaffee beschlabbert und gedacht, das ist ein großes Erdbeben", sagt der Gladbacher.

Tatsächlich soll Sascha H. vor lauter Trennungsschmerz an einer Gastherme manipuliert haben, um seine Ex-Freundin Jasmin G. (damals 17) zu töten. Als die in der Wohnung eine Zigaretten anzündet, kommt es zu der Explosion. G. schwebt längere Zeit in Lebensgefahr, erleidet auch schwere Gesichtsverletzungen.

Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte Sascha H. zu lebenslanger Haft. Wegen Mordes, versuchten Mordes und der Herbeiführung einer Explosion. Sein Verteidiger Michael Rost ging in die Revision. Ende Juli 2009 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf, Anfang November soll das Verfahren um die Tragödie am Siepensteg neu behandelt werden.

Die Karlsruher Richter bezweifeln nicht, wie sie sagen, den Tötungsvorsatz des Verurteilten H. zu dem Zeitpunkt, sie wollen aber noch Details vor, während und nach der schrecklichen Tat klären lassen.

Seit damals habe die Lebens- und Wohnqualität in der Straße arg gelitten, bedauert eine ältere Frau. "Schauen sie sich doch die leeren Wohnungen im Umfeld des ,Explosionshauses’ an", sagt sie. Und Bohm hat erfahren, dass die Eigentümer jener Gebäude, die durch die Detonation beschädigt wurden, "nicht optimal entschädigt wurden". Bewiesen ist das allerdings nicht.

Ob frühere Mieter in den Neubau zurückkehren? Bohm und seine Nachbarin wissen das nicht. "Ich glaube das kaum, die Mieten werden ja nicht gerade billig sein", sagt der 52-Jährige. "Es ist schade, dass die im neuen Haus nicht wieder eine Pizzeria eröffnen." Die im alten Gebäude sei nämlich "richtig Klasse" gewesen. Die Pizzabäcker wohnten auch nicht mehr hier, hätten "ganz was Anderes" angefangen.