Ist die Gladbacher Awo ein Abzocker?
Arbeiterwohlfahrt: Das Sozialunternehmen soll mit Hartz-IV-Empfängern verdient haben. Arge kümmert sich um den „Fall“.
Mönchengladbach. Er heißt mobiler sozialer Dienst und ist eine gute Einrichtung. Männer und Frauen, allesamt Hartz-IV-Empfänger, kommen zu Behinderten und Älteren, lesen ihnen vor, gehen mit ihnen an die frische Luft oder besorgen Frisches für den Kühlschrank.
Die Gawo, eine gemeinnützige GmbH und Tochterunternehmen des "Sozialunternehmens" Arbeiterwohlfahrt (Awo) mit Zentrale an der Brandenberger Straße 3-5, hat mindestens 30 solcher Arbeitszuchende als 1,50-Euro-Kräfte für diesen Mobil-Dienst eingestellt.
Einige dieser 30 Personen berichten jetzt, sie hätten nicht nur aus der Zeitung vorgelesen und beim Bäcker um die Ecke mal eben frische Stütchen gekauft. Sondern sie hätten bei den älteren, zum Großteil gehbehinderten Senioren auch geputzt. "Wir haben denen die Wohnung saubergehalten", sagt eine Frau.
Während die Haushaltshilfen 1,50 Euro als Stundenlohn bekommen, habe die Gawo bzw. die Awo den betreuten Leuten fürs Putzen und Einkaufen 9,20 Euro je Stunde in Rechnung gestellt.
Uwe Bohlen, neben Dieter Lenßen Vorstand und Geschäftsführer des Awo-Kreisverbandes, bestätigt, dass es solche Fälle gibt. Sie seien aber eher die Ausnahme. "Wir wollen die Leute für den Arbeitsmarkt qualifizieren." Bohlen ist SPD-Ratsherr und Vorsitzender der Arge-Trägergemeinschaft.
Diese Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung (Arge) hat die Betreuer, die wohl auch Reinemache-Frauen bzw. -Männer sind, an die Gawo vermittelt. Für jeden von ihnen zahlt sie aus Bundesmitteln die 1,50 Euro und eine Betreuungspauschale, die je nach Persönlichkeitsbild des Hartz-IV-Beziehers 190 bis 500 Euro/Monat beträgt.
Das berichtet Bodo Vermaßen der WZ. Vermaßen ("Von Putzen weiß ich nix.") ist stellvertretender Leiter der Arge und über den "Fall Gawo bzw. Awo" verwundert. Die Betreuer als Saubermänner einzusetzen, das sei nicht erlaubt.
Weil beispielsweise auch in Neumünster "derartige Fälle" bekanntgeworden sind, habe sich die Arge mit dem Gladbacher Awo-Vorstand in Verbindung gesetzt. Der habe auch schon reagiert. Wie diese Stellungnahme aussieht, das erfuhr die WZ am Dienstag nicht. Mittlerweile hat die Arbeiterwohlfahrt in Schleswig-Holstein das umstrittene Ein-Euro-Job-Projekt Neumünster und damit ihre Putztruppe zurückgezogen.
Kritiker halten dem Sozialverband vor, er agiere wie eine Zeit- und Leiharbeitsfirma. Die Beträge der Rechnungen wanderten in die Kasse der Gawo bzw. der Awo. Sie gilt neben der Caritas als eine der größten Einrichtungen in Gladbach.
Zum Awo-Präsidium gehören neben Hermann Jansen, Ex-SPD-Landtagsabgeordneter, die Politiker OB Norbert Bude (SPD), Hans-Peter Schlegelmilch (CDU) und Erich Oberem (FWG).