Joachim Lampe: Der Mann, der die RAF jagte
Vortrag: Der ehemalige Bundesanwalt Joachim Lampe erinnert in Gladbach an den „Deutschen Herbst“ 1977.
Mönchengladbach. Der Herbst des Jahres 1977 ist immer noch nicht vergangen. Zumindest aus juristischer Sicht nicht. "Noch drei Jahrzehnte nach den Terroraktionen der RAF werden bei Diskussionen die alten Gräben sofort wieder besetzt", sagt Ex-Bundesanwalt Joachim Lampe.
In einem Vortrag mit dem Titel "Der deutsche Herbst 1977" im Schwurgerichtssaal des Landgerichts lässt der Jurist die Ereignisse um die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleyer, vor allem aber die Selbstmorde der Führungsriege der RAF im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses in Stuttgart-Stammheim, Revue passieren. Als Bundesanwalt war es ihm in jenen Jahren gelungen, durch Kronzeugen die Strukturen der Terrorgemeinschaft aufzubrechen.
Es sei eine "parallele Rechtssprechung" neben der Justiz gewesen, die damals die Deutschen ergriffen habe und offenbar heute noch ergreift. Diese sei geprägt von Spekulationen und latenter Sympathie, die nichts mit der Realität zu tun gehabt habe.
Mit einem Vorurteil macht der Jurist, der über 30 Jahre als Staatsanwalt der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe arbeitete, kurzen Prozess: Die RAF - er spricht sie "Raf" aus, wie sie sich selbst bezeichnete - sei keine Gruppe junger intellektueller Träumer gewesen, die, von Idealen getrieben, eine bessere Welt erschaffen wollte und dabei zur Gewalt gezwungen gewesen sei, um gegen einen Unterdrücker-Staat vorzugehen.
"Es waren Kriminelle, die zu brutalsten Mitteln griffen, Desperados und schrille Persönlichkeiten, sich ihrer eigenen Unzulänglichkeit bewusst", urteilt er über die RAF. Wahllos hätten sie mit einer Vielzahl von Schüssen aus automatischen Waffen die Begleiter von Schleyer erschossen und ohne Skrupel das Feuer in einer bevölkerten Fußgängerzone eröffnet.
Jeder Versuch, in diesen Handlungen ein Muster oder gar einen roten Faden zu erkennen, sei vergeblich. Behauptungen über eine Isolationsfolter in Stammheim, die auch von Persönlichkeiten wie dem Philosophen Jean Paul Sartre gestützt wurden, seien weitere Verhöhungen gegen den Staat gewesen.
Ob denn die RAF heute noch existieren würde, auch wenn sie in den 90er Jahren ihre Auflösung erklärt habe, wollte einer der Zuhörer in der anschließenden Diskussion wissen. Er glaube nicht, so Lampe, dass die RAF noch existiere. "Doch ich glaube, dass der Gedanke des Protests gegen staatliche Institutionen bei jungen geistigen Eliten durchaus vorhanden ist."