Kappesfest: Der Kohl regiert Rheindahlen
Ob als Roulade, Crêpe oder „Schludderzup“ — das Gemüse stand am Wochenende im Mittelpunkt.
Mönchengladbach. „Seyed gegrüßt und tretet näher“ sagt der kleine Gaukler, der die Jungen und Mädchen vor der Pfarrkirche am Helenaplatz in Rheindahlen ins Mittelalter entführt. „Na, wer traut sich denn?“, fragt er und zeigt auf den Pranger, der jedem Besucher die Möglichkeit bietet, sich einmal in die Rolle der Bestraften zu versetzen.
Der Verein Zukunft Rheindahlen hat am letzten Aprilwochenende bereits zum 15. Mal zum Rheindahlener Kappesfest am Mühlentorplatz eingeladen. „Mein Sohn ist hin und weg von den kostümierten Spielleuten“, sagt eine 32-jährige Besucherin. „Es ist nicht immer leicht, seine Kinder bei Laune zu halten, deshalb ist das Kappesfest eine willkommene Abwechslung für die Familie“, sagt die zweifache Mutter — und nimmt ein großes Stück von der Kohlroulade, die sie sich auf dem Marktplatz gegönnt hat.
Neben den zahlreichen Unterhaltungsangeboten für Jung und Alt ist den Veranstaltern besonders wichtig, dass der eigentliche Grund des Festes nicht vergessen wird: Es geht um „Kappes“ (siehe Kasten). „Früher feierte man das Kappesfest immer Ende April, weil es die Zeit zwischen den ,Kappesjahren’ ist“, weiß Josef Richertz (62). „In der Hoffnung, dass der Kohl für den nächsten Winter wieder kräftig wächst, feiert man hierzulande das Kappesfest“, ergänzt ein Freund von Richertz. „Zumindest war das früher so, jetzt haben wir ja alle eine Tiefkühltruhe“, scherzt der 64-Jährige.
Dass sich das Fest rund um den Kohl dreht, fällt vor allem an den zahlreichen Imbissbuden auf. Von „Kappesschlodderzup“ bis „Kappes-Crêpes“ wird den Besuchern alles geboten. Kinderschminken, Modenschau, tänzerische Darbietungen und altes Handwerk runden das Programm ab. „Bei dem schönen Wetter rechnen wir mit 40 000 bis 50 000 Gästen“, sagt Alois Chowanietz, erster Vorsitzender des Vereins Zukunft Rheindahlen. „Das ist fast das Doppelte der Einwohnerzahl Rheindahlens.“
Besonders gut kommt bei den Besuchern das alte Handwerk an. Holzschuhmacher und Scherenschleifer zeigen ihr Können, auch der Kunstschmied und der Buttermacher laden zum Zuschauen und Staunen ein.
Den 45-jährigen Rolf Esser begeistert insbesondere der Perlenweber. „Ich bewundere Menschen, die so fein wie er arbeiten können. Ich bin da eher grobmotorisch veranlagt“, sagt er. „Da macht es Spaß, zuzuschauen und sich von dem gestrigen Schock zu erholen“, sagt er und spielt auf die Niederlage der Borussia in Wolfsburg an. „Im kommenden Jahr komme ich direkt hierher. Bei einer deftigen Kohlroulade lässt es sich sowieso besser entspannen“, sagt er und stürzt sich in das Getümmel.