Karl Sasserath (Grüne): „Wir schwächen die CDU“

Karl Sasserath, Bezirksvorsteher von Rheydt-Mitte, tritt für die Grünen als Oberbürgermeister-Kandidat an.

Mönchengladbach. Mit einem Wahlergebnis wie dem Farbenspiel auf seiner Pizza "Bella Vista" könnte der Oberbürgermeister-Kandidat der Bündnis-Grünen, Karl Sasserath, leben. Ruccola, grün wie die Grünen, Tomaten, rot wie die SPD, und Käse, gelb wie die FDP. "Wir werden mit allen demokratischen Parteien verhandeln. Und wenn sich eine Mehrheit ergibt, mit der große Teile unseres Programms umzusetzen sind, dann probieren wir es", sagt der derzeitige Bezirksvorsteher von Rheydt-Mitte.

Dass er mit anderen Fraktionen zusammenarbeiten kann, hätten die vergangenen fünf Jahre in der Bezirksvertretung gezeigt. "90 Prozent aller Beratungsvorlagen sind einstimmig gefasst worden", sagt er in der Pizzeria Nido am Rheydter Ring.

Diese Pizzeria ist sein Lieblingsplatz, sagt er, sieht an sich herunter und ergänzt: "Und das sieht man auch." Er liebe die Pizza, die Leute, das Miteinander. Hier zeige sich, dass "Rheydt ein toleranter Stadtteil ist". Die Italiener gehörten zu Rheydt. "Sie waren die ersten, die für die Textilindustrie hierher gekommen sind."

Sasserath sieht allerdings "zunehmende gesellschaftliche Vewerfungen in vielen Stadtteilen". Zunehmend würden in den Innenstädten "nur noch Alte, Migranten und Hartz-IV-Empfänger leben". Jedes Jahr würden tausende Menschen zum Umzug gezwungen. "Sie müssen ihr soziales Umfeld verlassen, die Kinder ihre Schulen. Das muss auf den Prüfstand", sagt Sasserath, der das Gladbacher Arbeitslosenzentrum leitet. Er selbst will "ausdrücklich auf einer Straße mit Hartz-IV-Empfängern wohnen".

Man könne die zunehmende Arbeitslosigkeit nicht ignorieren, weil die Stadt die Folgekosten trage. "Ein Teil der Ursachen ist hausgemacht. Die CDU bleibt seit 25 Jahren den Nachweis schuldig, einen ausgeglichenen Haushalt schaffen zu können", sagt Sasserath, der Fraktionssprecher der Grünen im Stadtrat ist.

Kritisch sehen die Grünen aber nicht nur die Ratsmehrheit von CDU und FDP, sondern auch die SPD auf der Oppositionsbank. Trotz Gesprächen mit der SPD haben die Grünen einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten aufgestellt. Der Grund: "In den fünf Jahren seit der Kommunalwahl hat sich kein rot-grünes Projekt entwickelt."

Weder beim Flughafen noch beim Handels- und Dienstleistungszentrum (HDZ). Bei der Einkaufsgalerie am Ex-Theater-Standort Hindenburgstraße sei die SPD im Alleingang unterwegs gewesen. 50 000 Quadratmeter und eine städtische Beteiligung von 14,6 Millionen Euro seien mit den Grünen "aber nicht zu machen". Trotzdem glaubt Sasserath, dass die Grünen "nicht den SPD-, sondern den CDU-OB-Kandidaten schwächen". Es gebe "massive Kritik" gegen das HDZ aus der CDU-Wählerschaft, glaubt er. Sasserath: "Die Stadt sollte das Geld für sanierungsbedürftige Sportplätze einsetzen."

Er selbst hält sich für einen Generalisten, mit "sozialem Augenmaß, dem Ohr am Mund der Bürger und Mut, Dinge zu verändern". Seinen Bekanntheitsgrad schätzt er nach fünf Jahren für die gesamte Stadt so ein "wie bei anderen Fraktionsvorsitzenden". In Rheydt sei er in den fünf Jahren deutlich bekannter geworden.

Im Bereich Wirtschaft sieht er die Notwendigkeit, den Einzelhandel im Kampf gegen das HDZ zu unterstützen, alle Industriegebiete ans Breitbandkalbelnetz anzuschließen und die Nahversorgung in den Innenstädten zu erhalten. Außerdem müssten Studenten aktiv unterstützt werden, dass sie Firmen gründen aus der Hochschule heraus. Für Gladbach sieht eine Chance darin, Standort für Lebensmittel-Qualitätsmanagement zu werden und Jobs im Bereich Energie zu schaffen für einen Strukturwandel.

Vor Arbeitsplätzen steht die Ausbildung. "Für mich heißt Bildung ganz klar, jeder Schüler soll entsprechend seiner Begabung eine Abschlussmöglichkeit haben", sagt Sasserath. "Es ist ein Skandal, dass viele Schüler nicht die von ihnen und ihren Eltern gewünschte Schule besuchen."

Er setzt sich für eine sechste Gesamtschule ein. Im Bereich Kultur sollten die vorhandenen Einrichtungen wie Bibliothek, Sinfoniker, Volkshochschule, Musikschule erhalten bleiben. "Es gibt kaum eine Musikschule in Deutschland, die so viele Preisträger bei ,Jugend musiziert’ hervorbringt." Ein Projekt wie "Jedem Kind ein Instrument" im Ruhrgebiet sei wünschenswert.