Kleine Leonie: Keine Chance auf Genesung
Das zwei Jahre alte Mädchen wurde misshandelt. Der damalige Lebensgefährte der Mutter hat die Tat gestanden.
Mönchengladbach. Für Karsten Mach (43), Oberarzt der Notaufnahme am Klinikum Aachen, war am Abend des 20. Mai schon bald nach der Einlieferung des damals zweijährigen Mädchens klar: „Der Unfallhergang ist nicht schlüssig.“ Nachdem eine Computertomographie ergeben hatte, dass das Mädchen aus Hückelhoven schwerste Gehirnblutungen hatte, alarmierte der Arzt die Polizei.
Da war es 21.50 Uhr an diesem Samstagabend, und die Muter der Kleinen, die zum Zeitpunkt des angeblichen Unfalls nicht zu Hause gewesen war, hatte ihren damaligen Lebensgefährten Rainer B. (44) noch getröstet mit den Worten: „Du kannst doch nichts dafür.“
Denn sie hatte geglaubt, das Mädchen sei aus dem Bett gefallen und mit dem Kopf aufgeschlagen. Kurz darauf holte die Polizei aber Rainer B. ab. Misshandlung, schwere Körperverletzung und versuchten Totschlag wirft die Anklage ihm vor dem Mönchengladbacher Landgericht vor. Er hat die Tat gestanden.
Das Mädchen hat nach zwei Monaten auf der Intensivstation zwar überlebt, aber schwerste Schädigungen davongetragen. Dass diese Schäden sich auch später nicht zurückbilden werden, bestätigte gestern im Gerichtssaal Professor Thorsten Orlikowsky, der Leonie als Kinderarzt in ihrer Zeit im Aachener Klinikum betreut hatte.
Im Gegenteil, Orlikowsky wies darauf hin, dass nach der massiven Schwellung des Gehirns sogar für die Zukunft noch Krampfanfälle zu erwarten seien, von denen das Mädchen bislang verschont geblieben sei. Klar sei, dass eine zentrale Blindheit — nur einen vagen Hell-Dunkel-Kontrast kann das Kind noch wahrnehmen — und die Unfähigkeit, die rechte Körperhälfte zu bewegen, bleiben werden.
Wie sich die Sprache entwickle, bleibe abzuwarten. „Krankengymnastik und Ergotherapie können nur verhindern, dass noch schlimmere Folgeschäden eintreten“, so der Arzt.
Für eine Überraschung sorgte Rechtsmediziner Christian Matzenauer. Er diagnostizierte im Kopf des Kindes noch mindestens eine, wahrscheinlich aber sogar zwei ältere Verletzungen — die mindestens eine Woche vor der Misshandlung verursacht worden sein müssten. Diese Einblutungen seien nicht durch ein einfaches „Hinfallen“ zu erklären.
Nur Misshandlung oder ein Sturz aus mindestens einem Meter Höhe könnten hier die Ursache sein. Auch an den Armen und Beinen des Mädchens hatte er ringsum Blutergüsse gefunden, die nicht von einfachen Stürzen stammen könnten.
Die Auffassung, dass das Mädchen bereits vorher misshandelt worden sein müsse, teilte auch Rolf Huneus, der Leonie als Arzt in der Rehabilitationsklinik in Meerbusch behandelte.
Beim Umlagern im Bett habe die Kleine Reaktionen gezeigt, die nur durch hartes Anfassen zu erklären gewesen seien. Der Prozess wird am 18. Januar fortgesetzt. Dann, spätestens aber am 23. Januar, soll auch das Urteil fallen.