Livestream aus dem Nistkasten
Dank interaktiver Meisenkästen der Hochschule Niederrhein lässt sich der Brutvorgang der Vögel live im Internet verfolgen. Nun will Professor Claus Brell die Technik jedem zugänglich machen.
Das Brutverhalten von Meisen im heimischen Garten im Internet hautnah und live verfolgen können — das klingt nach dem Traum vieler Naturfreunde. Und genau dafür bietet Claus Brell eine Lösung. Der Professor der Hochschule Niederrhein hat mit seinen Studenten das Projekt „Interaktive Meisenkästen“ entworfen. Diese Vogelhäuschen können er und alle Interessierten per Liveübertragung im Internet unter www.cbrell.de/naturwatchcam jederzeit am Computer beobachten. Und inzwischen hat sich einiges getan.
An vier Stellen wurden die interaktiven Brutstätten aufgebaut. Auf dem Campus der Hochschule Niederrhein, bei einer Schule in Schiefbahn und jeweils ein Kasten im Garten und vor dem Haus von Brell selbst. „Im Campus-Nistkasten liegen inzwischen elf Eier, in den beiden Kästen bei mir jeweils neun“, erklärt Brell. Die Brutstätten wurden von den Tieren positiv angenommen.
„Auf dem Campus hat sich eine Blaumeise eingenistet, bei mir zwei Kohlmeisen.“ In einer der Behausungen hat sich sogar schon etwas mehr getan: „In meinem Garten sind mittlerweile neun Küken geschlüpft. Ich warte stündlich auf noch mehr.“ Nach anfänglichen Schwierigkeiten wurde auch der vierte Meisenkasten in Schiefbahn angenommen. Auch dort sind per Liveübertragung Eier zu sehen.
Welcher Tierliebhaber jetzt von der Idee angetan ist, für den gibt es gute Nachrichten: Ende August gibt Brell eine Anleitung heraus. „Dann kann theoretisch jeder einen solchen Meisenkasten bauen.“ Nötig seien Holz, eine spezielle Kamera, ein Raspberry Pi und ein bisschen „Kabelkram“. Die Kosten betragen weniger als 100 Euro. „Wirklich kompliziert ist der Zusammenbau nicht“, sagt der Dozent. Nach erfolgreichem Aufbau kann sich dann jeder mit dem Internet-Server des Professors verbinden und über seine Website die Tiere beobachten.
Aktuell lohne sich ein Bau eines Meisenkastens übrigens nicht mehr. „Die Brutzeit ist fast vorbei. Man sollte schauen, dass die Behausung bis Ende November hängen“, erklärt er. „Dann verteilen die Tiere so langsam ihre Reviere.“ Zwei Nistkästen nebeneinander funktionieren übrigens nicht. „Da sind die Vögel pingelig.“
Das Projekt mit seinen interaktiven Nistkästen macht Brell übrigens nicht ohne Hintergedanken. „Ich hoffe, dass ich so auch Schülerinnen für das Studienfach Wirtschaftinformatik begeistern kann“, sagt Brell. Bei dem sperrigen Begriff würden viele — vor allem Mädchen
— direkt abschalten. Deswegen kam die Idee mit den Tieren. Denn Brell ist überzeugt: „Naturschutz geht immer“. Deshalb hat er sein Projekt mit zwei seiner Masterstudentinnen beim Girls Day vorgestellt. „Wir haben den Demonstrationskasten eingesetzt und als Motivation genutzt, um die Mädels ans Programmieren zu bekommen. Das hat gut funktioniert“, freut sich Claus Bell.
Er ist mit seinem interaktiven Projekt mehr als zufrieden. „Ich bin sehr angetan von dieser Entwicklung. Es macht einfach Spaß.“ Und da der Meisenkasten so gut funktioniert, plant Brell schon sein nächstes Projekt: Nisthilfen für Wildbienen und Erdhummeln. „Diese Projekt gehen wir dann im nächsten Jahr an — hoffentlich auch mit mehr Studentinnen.“