Getöteter Säugling in Mönchengladbach Trauerfeier für Baby Rabea
Mönchengladbach · Das Mädchen, das nur wenige Stunden nach seiner Geburt getötet und dann in einem Mülleimer am Volksgarten abgelegt wurde, ist unter Anteilnahme von Polizei, Stadt und Nachbarschaft auf dem Hauptfriedhof beigesetzt worden.
Als in der Totenhalle auf dem Hauptfriedhof die ersten Töne der zarten Streichermusik erklingen, fällt Sonnenlicht in den Raum der Trauer. Minuten zuvor tobte noch ein Unwetter, aber die Wolken haben sich verzogen. Auf dem Boden ein Gesteck in Herzform mit der Aufschrift „Die Nachbarschaft Volksgarten“, daneben ein Kranz: „Auch wenn Deine kleinen Füße die Erde nie berührten, so haben sie doch tiefe Spuren hinterlassen. Der Oberbürgermeister“. Der kleine, weiße Sarg mit dem Leichnam von Baby Rabea, das am Montag vergangener Woche in einem Mülleimer an der Carl-Diem-Straße gefunden wurde, ist aufgebahrt, an ihm lehnt ein Polizeiteddy wie ein Aufpasser.
Als am Donnerstagmittag die Trauerfeier für das kurz nach seiner Geburt getötete Mädchen beginnt, dem die Polizei den Namen Rabea gegeben hat, sind viele der mehrere Dutzend Trauergäste in und vor der Totenhalle den Tränen nah. Eine Frau legt ihren Arm um die drei kleinen Kinder neben ihr. Marianne Coenen (83) sitzt in einer Bank, in der Hand ein kleiner Strauß Blumen. Sie ist wütend: „Ich kann es nicht begreifen. Ich wohne ganz in der Nähe. Warum haben die das Kind nicht bei mir vor die Tür gelegt? Ich hätte mich gekümmert.“ Kriminalbeamte, Ermittler aus der Mordkommission, Polizisten in Uniform, Oberbürgermeister Felix Heinrichs, Polizeipräsident Mathis Wiesselmann, viele betroffene Mönchengladbacher verabschieden das Baby an diesem Donnerstag. Auch eine Reihe Kamerateams sind dabei.
Namensgebung sei ein schönes Zeichen im unfassbaren Leid
Es ist eine kurze wie bewegende Trauerfeier, die bewusst öffentlich gehalten ist. „Rabea soll nicht allein sein, wir sind bei ihr“, sagt der katholische Polizeipfarrer Rolf Hannig, der die Beisetzung zusammen mit seinem evangelischen Kollegen Dietrich Bredt-Dehnen gestaltet. Dass die Polizei dem Mädchen den Namen Rabea gegeben habe, sei ein schönes Zeichen mitten im unfassbaren Leid. „Mit diesem Namen bekommt sie ihre besondere Würde“, sagt Bredt-Dehnen. „Wir begegnen mitten in unserem Alltag dem abgrundtief Bösen.“ Der urmenschliche Instinkt, schutzloses, wehrloses Leben zu schützen, habe keine Bedeutung gehabt.
Darum geht es den Trauergästen an diesem Donnerstag: dem eigenen Entsetzen, der Betroffenheit Raum zu geben, und dem kleinen Mädchen ein wenig Würde zuteil werden zu lassen. Aber es geht auch um einen Aufruf: „Kinder brauchen unseren besonderen Schutz“, sagt Polizeipfarrer Dietrich Bret-Dehnen. „Wir dürfen nicht wegsehen, wenn Kindern Gewalt angetan wird.“
Es ist eine weltoffene Trauerfeier ohne Gebet oder christliches Liedgut. Bei Eric Claptons „Tears in Heaven“ haben viele in der Totenhalle Tränen in den Augen, und zu Leonard Cohens „Hallelujah“ setzt sich der Trauerzug von der Totenhalle in Bewegung zum Sternenfeld auf dem Hauptfriedhof. Dort sind Kinder beigesetzt, die tot zur Welt gekommen sind. Oder die nur wenige Stunden gelebt haben. Dort wird der kleine Sarg an rosafarbenen Bändchen um 12.54 Uhr ins Grab gelassen. Trauergäste legen Blumen und Kuscheltiere nieder, auch der Teddy in Polizeiuniform sitzt neben dem Grab. „Es ist rührend zu sehen, wie viele Menschen kommen und dass die Nachbarschaft sich mit Rabea identifiziert“, sagt Oberbürgermeister Felix Heinrichs nach dem Ende der Zeremonie. „Jetzt bleibt die Hoffnung, dass irgendwer etwas gesehen oder bemerkt hat und es der Polizei meldet.“
Seit dem 28. März suchen die Ermittler nach den Eltern des kleinen Mädchens. Ihre wichtigste bekannte Spur ist die Kunststofftasche, in der der Säugling in den Mülleimer abgelegt worden ist und mit der vorher im nur wenige Hundert Meter entfernten Kaufland eingekauft worden war. Eine Kunststofftasche im Müll, darauf ruht die Hoffnung der Ermittler. Baby Rabea hat damit jetzt nichts mehr zu tun. Das Mädchen ruht in einem kleinen Sarg in einem Grab auf dem Sternenfeld.