NRW Die besondere Symbolik des Tragaltars
Mönchengladbach · Wolfgang Bußler beschreibt darin die Schönheit und Bedeutung des Tragaltars.
Mit der Münster-Basilika war der Ort für eine Buchvorstellung etwas außergewöhnlich. Doch die Veranstaltung war dem Anlass entsprechend. Pfarrer Wolfgang Bußler stellte am vergangenen Mittwoch im gut besetzten Hauptschiff der Basilika sein Erstlingswerk als Buchautor vor. Damit fügte er sich in die Autoren-Riege der beiden mit ihm befreundeten katholischen Priesterkollegen Albert Damblon und Propst Peter Blättler ein.
Doch dies allein war nicht die treibende Kraft für den sich jetzt im Ruhestand befindlichen Priester. Seit seiner Schulzeit beschäftigt sich Wolfgang Bußler mit dem Tragaltar, dem ältesten und wertvollsten Besitz des Münsterschatzes. Bußler, so erzählte Albert Damblon eingangs seiner Buchbesprechung, hat auf dem Tragaltar ein Motiv entdeckt, das in der Kunstgeschichte bekannt ist und in der Weltgeschichte zu einer Tragödie geführt hat. „Neben den biblischen Figuren“, so Damblon, „zeigt der Tragaltar zwei symbolträchtige Darstellungen, die eine unselige Tradition verkörpern: die Ecclesia und die Synagoga, also das Christentum und das Judentum.“
Das Figurenpaar der siegreichen Ecclesia als Sinnbild der christlichen Kirche und der besiegten Synagoga mit Augenbinde als Zeichen des Judentums. Ecclesia und Synagoga – Christentum und Judentum – eine Beziehung, die sich seit dem Mittelalter schwierig gestaltet. Lagen beide Religionen im 9. Jahrhundert noch in Eintracht, verschlechterte sich das Verhältnis in den folgenden Jahrhunderten, bis die Zeit des Nationalsozialismus und der beispiellose Zivilisationsbruch der Shoah es vollends auseinanderbrach. Eine christlich-jüdische Zusammenarbeit und Gleichstellung ist deswegen heute umso wichtiger.
Die Grundthese von Bußlers Arbeit ist, dass er aufzeigt, dass die Mönchengladbacher Darstellung der Synagoga gegenüber der Darstellung der Ecclesia gleichwertig ist, dass das Judentum auf dem Tragaltar nicht künstlerisch abgewertet, sondern in gewisser Weise dem Christentum gleichgestellt ist. Bußler zeigt in seinem Buch die Schönheit und die Bedeutung des Tragaltars und arbeitet auch die enge Verwobenheit des Judentums und Christentums heraus. Synagoge und Ecclesia gelten als Personifikationen des Alten Bundes (Synagoge) und des Neuen Bundes (Ecclesia). So symbolisieren die beiden Figuren das Alte und das Neue Testament, beziehungsweise den „alten“ und den „neuen“ (durch Christus „erneuerten“) Bund mit Gott. Begründungen dazu führt Wolfgang Bußler in seinem Buch aus.
Der um das Jahr 1160 gefertigte kleine Tragaltar gilt als wertvollster Gegenstand in der Schatzkammer des Münsters. Der Kölner Goldschmied Eilbertus fertigte ihn aus Eichenholz und verzierte ihn mit kostbaren vergoldeten und emaillierten Kupferblechen. Er steht auf vier zierlichen bronzenen Drachenköpfen. Vor fast 1000 Jahren wurde er zum Beispiel von Bischöfen auf Reisen benutzt, wenn sie unterwegs einen Altar brauchten, um eine Messe zu lesen.
Info Die Begrüßung der Gäste im Münster erfolgte durch Propst Peter Blättler. Pfarrer Albert Damblon stellte das Buch vor. Christel Lueb-Pietron war Sprecherin für Gedichte und für Erklärungen. Der Abend wurde musikalisch begleitet von Klaus Paulsen und Jürgen Löscher. Zu beziehen ist das Buch zum Preis von 19,80 Euro im Buchhandel.