Versorger in Mönchengladbach Neue Fragen zu einem weiteren NEW-Geschäft
Mönchengladbach. · Entgegen einem Ratsbeschluss, wurde der NEW-Anteil an einem Anbieter von Car-Sharing-Plattformen reduziert.
Die Ereignisse des 5. Juni dieses Jahres könnten folgenreich werden. Denn an diesem Tag wurde in der NEW-Zentrale unter Anwesenheit eines Gladbacher Notars ein Geschäft vollzogen, über das der Rat der Stadt eine Woche vorher entschieden hatte – und dabei adas genaue Gegenteil von dem beschlossen hatte, was an jenem Tag besiegelt wurde. Nach der umstrittenen Beteiligung der NEW an der Entwicklung des Elektroautos „Sven“ und der aus Sicht der Stadt zu schleppend verlaufenden Rückabwicklung hat Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners nun auch in diesem Fall NEW-Vorstand Frank Kindervatter um Stellungnahme gebeten.
Konkret geht es um eine Beteiligung der NEW AG an einem Unternehmen namens eShare.one GmbH. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um einen Spezialisten für Carsharing, der auch Plattformen dafür entwickelt – wie sie die NEW für ihren Dienst „Wheesy“ benutzt. Am 29. Mai beschloss der Rat, dass die NEW Anteile von einem Mitgesellschafter an eShare.one in Höhe von knapp 25 000 Euro Stammkapital übernehmen und weitere Geschäftsanteile in Höhe von 51 000 Euro über eine Kapitalerhöhung zeichnen darf. Der Plan: Die NEW AG sollte dann 50,1 Prozent am Unternehmen halten. Weil Mönchengladbach, die Stadt Viersen und die Kreiswerke Heinsberg an der NEW beteiligt sind, müsse dem aber erst die Bezirksregierung zustimmen. Das war bei der Beteiligung am Elektroauto „Sven“ missachtet worden. Am 5. Juni 2019 allerdings, nur eine Woche nach dem Ratsbeschluss, trafen sich die drei Gesellschafter von eShare.one bei einem Mönchengladbacher Notar und vollzogen folgenden Deal: Das Stammkapital wurde um 51 000 Euro erhöht, aber nicht die NEW übernahm die Anteile, sondern einer der beiden anderen privaten Gesellschafter. Auch kaufte die NEW keine Anteile von ihrem Partner. Die Besitzverhältnisse sind deshalb laut Handelsregisterauszug vom vergangenen Freitag folgende: Der Privatmann besitzt 60 Prozent, eine andere Aktiengesellschaft 20 Prozent und die NEW auch nur 20 Prozent. Dabei hatte der Rat beschlossen, dass die NEW 50,1 Prozent halten soll. Statt der Mehrheit an dem Unternehmen erreicht die NEW somit nicht einmal die Sperrminorität, die notwendig ist, um grundlegende Änderungen im Unternehmen zu verhindern.
Der Rat in Viersen war noch
nicht mit dem Thema befasst
Die Gladbacher FDP, die auf diesen Widerspruch gestoßen war, hat daher von OB Reiners Klärung verlangt: „Auf den ersten Blick wirkt das, als hätte die NEW erneut gegen die Gemeindeordnung verstoßen – konkret gegen Paragraph 115. Wir haben deshalb einen Fragenkatalog zu diesem Vorgang an den Oberbürgermeister geschickt, um dies abschließend bewerten zu können“, teilt die FDP mit.
Auch Reiners hat Bedenken. „Bei der Beteiligung an der eshare.one GmbH stehen viele Fragen im Raum. Ich habe deshalb den NEW-Vorstand um Stellungnahme gebeten“, sagte er. „Ich kann im Moment nicht erkennen, dass die Veränderung der Gesellschafteranteile übereinstimmt mit dem Beschluss, den der Rat der Stadt Mönchengladbach Ende Mai gefasst hat.“ Ein solcher Vorgang, wie er laut Handelsregisterauszug von der Gesellschafterversammlung gefasst wurde, sei anzeigepflichtig bei der Bezirksregierung. Dies ist etwa dann der Fall, wenn durch ein Rechtsgeschäft der Einfluss der Gemeinde auf das Unternehmen gemindert wird. Reiners weiter: „Wir sehen diesen Vorgang durchaus kritisch, vor allem in einer Phase, in der die Beteiligung an der Share 2 Drive GmbH von der Bezirksregierung bereits als äußerst kritisch bewertet wird.“
Wie die Bezirksregierung mitteilte, sei dort bisher die Kapitalerhöhung von der Stadt Mönchengladbach als Gesellschafterin der NEW AG angezeigt worden. „Von den weiteren Gesellschaftern liegen noch keine Meldungen vor, so dass das Verfahren hier noch nicht abgeschlossen werden konnte“, sagte eine Sprecherin.
Der Rat in Viersen, der wie sein Gladbacher Pendant zustimmen muss, war noch nicht mit dem Thema befasst. Eigentlich sollte es am Montagabend Thema im Hauptausschuss sein, doch Bürgermeisterin Sabine Anemüller zog die Beratungsvorlage wegen der unklaren Situation zurück. Nun wird sie direkt im Rat behandelt.
Die NEW teilte zu dem Vorgang mit, man warte noch auf die Bestätigung der Anzeige bei der Kommunalaufsicht. „Erst nach der positiven Bestätigung durch die Kommunalaufsicht wird die NEW Smart City GmbH die Geschäftsanteile zeichnen“, sagte eine Sprecherin. „Nach nochmaliger Prüfung des Sachverhaltes gehen wir weiterhin davon aus, dass unser Vorgehen mit der Gemeindeordnung und dem Gesellschaftsrecht vereinbar ist.“ Die Frage, warum derzeit jemand anders Mehrheitsgesellschafter ist, ließ die NEW unbeantwortet.
Im Finanzausschuss war der Fall eShare.one GmbH Mittwochabend kurz Thema. „Die Anteile der NEW liegen jetzt unter der Sperrminorität“, begründete Reiner Gutowski (FDP) seine Anfrage. Damit sei möglich, dass wesentliche Entscheidungen ohne NEW-Beteiligung getroffen werden könnten. Warum der Rat weder beteiligt noch informiert worden sei, wollte er wissen, und ob die Bezirksregierung eingebunden wurde. Es sei eine Sachlage, „bei der wir Klärungsbedarf sehen“, so Rathaus-Chef Reiners: Die Bezirksregierung sei informiert, den NEW-Vorstand habe er um Stellungnahme gebeten.