Betrugsfall in Mönchengladbach Spenden erschwindelt: Auch Frau des Vaters unter Verdacht

Ein Mönchengladbacher sammelte Spenden für seine angeblich kranke, tatsächlich aber gesunde Tochter. Ermittlungen dauern an.

Mehr als 20.000 Euro kamen bei dem Spendenaufruf des jetzt beschuldigten Vaters zusammen.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Mindestens 160 Menschen haben dem 41-Jährigen vertraut. Sie spendeten ihm Geld, weil sie Mitleid hatten. Denn der Mönchengladbacher hatte ihnen allen vom „Schicksal“ seiner kleinen Tochter berichtet. Das kleine Mädchen, so verbreitete er auch über das Internet, habe eine seltene Leukämieerkrankung. Die einzige Überlebenschance für Amelie, so der Name seiner Tochter, sei eine alternative Heilmethode, die in Deutschland nicht von den Krankenkassen bezahlt werde und 15 000 Euro koste. Unter der Überschrift „Papa hilft dir“ rief er zu Spenden auf.

Nach Erkenntnissen der Mönchengladbacher Staatsanwaltschaft sammelte der 41-Jährige von November 2017 bis Mai 2018 Geld ein. Viel Geld. „Wir gehen derzeit von über 20 000 Euro aus. Aber das muss noch abschließend geprüft werden“, sagt Jan Steils, Sprecher der Mönchengladbacher Staatsanwaltschaft, die gegen den Mann wegen Verdachts auf Betrug und Urkundenfälschung ermittelt. Im Verdacht ist nun auch seine Ehefrau. Sie wird beschuldigt, von dem Schwindel gewusst zu haben. Denn mittlerweile steht fest: Das Geld wurde nicht für die kleine Amelie gesammelt. Das Mädchen, das bei seiner Mutter in einer anderen Stadt lebt, ist kerngesund. Amelies Mutter, die lange Zeit nicht wusste, dass ihr Ex-Lebenspartner mit Fotos der kleinen Tochter im Internet öffentlich um Spenden bat, hat ebenfalls Anzeige erstattet.

„Insgesamt liegen uns 30 Anzeigen vor“, sagt Steils. Die Erstatter, fast ausnahmslos Spender, stammen aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands. Und es sei durchaus möglich, dass noch mehr hinzukommen. Eventuell lägen weitere Anzeigen bei anderen Polizeidienststellen.

Die Ermittlungen gegen den 41-Jährigen und seine Frau sind noch nicht abgeschlossen. Die gemeinsame Wohnung wurde zweimal durchsucht. „Dabei haben wir Beweismittel wie Laptops und Unterlagen sichergestellt. Das alles muss jetzt ausgewertet werden“, sagt der Staatsanwalt. Der Beschuldigte, der einen Anwalt einschaltete, hat noch keine Aussage gemacht. Offenbar erschien er nicht zu den vereinbarten Terminen bei der Polizei. Steils sagt: „Er selbst hat sich noch nicht zu den Vorwürfen eingelassen, auch nicht über seinen Anwalt.“

In Mönchengladbach kursieren Gerüchte, der 41-Jährige habe sich aus dem Staub gemacht. Wundern würde es nicht, denn der angeblich so besorgte Vater soll auch bei Freunden und Nachbarn die traurige Geschichte seiner todkranken Tochter erzählt haben. Nicht nur bei bei ihnen war das Entsetzen groß, als der Verdacht aufkam: Das Ehepaar könnte die Spenden nur gesammelt haben, um sich selbst ein schönes Leben zu machen. Auf seiner Facebook-Seite hatte der 41-Jährige Fotos von einer teuren Drohne gepostet, die er sich angeschafft hatte. Andere berichteten von einem neuen Auto, mit dem der Mönchengladbacher plötzlich herum gefahren sei.

Zweifel an der Spendenaktion für Amelie waren bereits im November 2017 der Polizei gemeldet worden. Der 41-Jährige wurde daraufhin vorgeladen. Dabei legte er eine „Patientenbescheinigung“ der Uni-Klinik Aachen vor, in der Amelie angeblich behandelt wurde. Dass die gefälscht war, blieb zunächst unentdeckt. Die Ermittlungen gegen den 41-Jährigen waren daraufhin eingestellt worden.

Erst als die Uni-Klinik Aachen nach einem Hinweis von der Patientenbescheinigung für Amelie erfuhr, geriet der Mönchengladbacher Vater wieder ins Visier der Ermittler. Das war im April 2018. Ob und wann gegen ihn und seine Frau Anklage erhoben wird, steht noch nicht fest.