Neuer Leerstand an der Wallstraße

Die Baguetterie „Ici Paris“ schließt. Damit ist vom einstigen Vorzeigemodell nicht mehr viel übrig.

Am Morgen des 12. Juli verabschiedete sich das Team der Baguetterie „Ici Paris“ noch scheinbar fröhlich in den Urlaub: „So ihr Lieben, die Sommerferien sind endlich da und wir wollen auch Zeit mit der Familie verbringen“, heißt es auf der Facebook-Seite des Restaurants. „Wie immer freuen wir uns auf euren Besuch; wünschen natürlich eine tolle Zeit mit euren Liebsten und ganz viel Erholung.“ Jetzt aber stehen die Besucher, Stammgäste wie Laufpublikum, vor verschlossenen Türen. Nur ein Zettel am Fensterglas gibt Aufschluss: „Wir schließen unser Geschäft und wollen uns für die letzten 15 Jahre bei unseren Kunden von ganzem Herzen bedanken.“

Foto: Jörg Knappe

Wie überraschend das Ende gekommen ist, machen die Kommentare von Gästen deutlich. Und doch ist es nur der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Geschäftsaufgaben an der Wallstraße.

Alexander Feldmann ist der direkte Nachbar von „Ici Paris“ und mittlerweile umringt von leeren Schaufenstern. Dabei ist der Friseur mit seinem Laden „Herr Feldmann“ erst seit April an die Wallstraße gezogen — ganz bewusst, wie er sagt: „Ich fühle mich hier eigentlich wohl und hoffe, dass es bald wieder aufwärts geht.“ Feldmann will ganz besonderem Konzept überzeugen: Als Barbier der klassischen Schule — mit Rasiermesser, Hemd, Krawatte und Hosenträgern. „Wir müssen aus der Masse herausstechen, nur so haben wir auf Dauer eine Chance“, sagt der 38-Jährige. Er glaube fest daran, dass man die Durststrecke überwinden könne, wenn alle etwas unternehmen. „Nach der Eröffnung des Minto muss sich die Innenstadt erst einmal neu finden“, sagt er.

Dabei galt die Wallstraße vor gar nicht langer Zeit als Vorbild für Straßengemeinschaften. Eine kleine gemütliche Einkaufsmeile, in der die Händler zusammenarbeiten und Angebote jenseits der großen Filialketten machen. „Wir Händler ziehen auch immer noch an einem Strang“, sagt Daniela Pierzchala (44) vom „Café Lax Legere“, schiebt dann aber nach: „Also diejenigen, die noch da sind.“

Denn in den vergangenen Monaten haben gleich mehrere Geschäfte geschlossen oder sind verzogen. Das Modegeschäft „Noa Noa“ zum Beispiel, oder der Schmuckladen „Schatzinsel“, der an die untere Hindenburgstraße gezogen ist. „Wir müssen den Menschen klar machen, dass es hier klasse Sachen gibt, die man woanders nicht bekommt“, sagt sie. Dabei würde sie sich auch mehr Unterstützung von der Stadt wünschen. „Durch eine Beschilderung am Minto zum Beispiel, die den Leuten erklärt, dass es auch noch weitere Einkaufsstraßen gibt, das Museum oder das Kino“, sagt sie. Natürlich habe sie auch ihr Stammpublikum. Die Besucher kämen aber immer häufiger aus anderen Städten oder den Niederlanden. „Die suchen im Internet gezielt nach uns und kleinen Einkaufsstraßen mit Läden, die es bei ihnen nicht gibt“, sagt sie.

Alexander Feldmann, Friseur

Von weiteren Schildern hält die Stadt aber nichts, wie Sprecher Wolfgang Speen sagt. „Die Problematik ist uns bekannt, aber ein zusätzlicher Schilderwald macht in unseren Augen keinen Sinn“, sagt er. „Was die Hausaufgaben der Stadt angeht: Daran wird massiv gearbeitet“, sagt Speen. Im Laufe des Jahres werde der Rahmenplan Abteiberg vorgestellt, der zur Aufwertung verschiedener Orte führen soll. „Aber nicht nur an der Wallstraße.“ Es gehe auch um Plätze, die Altstadt oder das integrierte Handlungskonzept. „Die Initiative muss aber auch von den Händlern und Hauseigentümern kommen.“

Lydia Eikenbusch betreibt seit gut zwei Jahren die Lederwerkstatt „Eikenart“ an der Wallstraße. „Für mich ist das eigentlich die schönste kleine Einkaufsstraße in Gladbach“, sagt sie. Seit das Minto eröffnet hat und der Leerstand in die Wallstraße zog, breche das Flair aber immer mehr weg. Ihr Täschnerhandwerk ist etwas ganz Besonderes in der Stadt — noch so ein Pfund, mit dem die Wallstraße wuchern kann. „Aber was bringt uns die schönste Straße, wenn es immer weniger Geschäfte gibt?“, fragt sie. „Wir haben einfach keine Lobby.“