Nur noch zwei Förderschulen
Dass die Inklusion die Schulen ausbluten lassen könnte, wurde erwartet — der Einschnitt, den die Stadt plant, aber nicht.
Mönchengladbach. Peter Ustinov, Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller und Kopf hinter einer Stiftung für benachteiligte Kinder, sei der perfekte Namensgeber für eine Förderschule. So entschied es die Förderschule am Torfbend mit ihren zwei Standorten am Torfbend und an der Karl-Barthold-Straße zum 30. Jubiläum im Jahr 2009.
Nur sechs Jahre später, elf Jahre nach dem Tod von Peter Ustinov, soll die Peter-Ustinov-Schule aufgelöst werden. Am Endes des Schuljahres 2014/2015 ist Schluss. Das gleiche gilt für die Anne-Frank-Förderschule an der Myllendonker Straße, die James-Krüss-Schule an der Kabelstraße, die Förderschule Wiedemannstraße und die Förderschule Rheydt an der Wilhelm-Strauß-Straße. Die Förderschule Hehnerholt am Heidegrund läuft bereits aus.
Ab Sommer 2015 soll es nur noch zwei Förderschulzentren für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen, emotionale und soziale Entwicklung geben. Eins für den Norden, eins für den Süden. Statt elf Schulleitern/Vertretern gibt es nur noch zwei Leiter, zwei Stellvertreter.
Im Anfangsstadium werden die Standorte der aufgelösten Schulen noch erhalten bleiben, der Betrieb soll im Verbund mit den beiden Förderschulzentren laufen. So lange, wie genug Schüler angemeldet werden. „Wie lange genau, das kann man nicht sagen. Das ist der Blick in die Glaskugel“, sagt Schuldezernent Gert Fischer. Die Mindestschülerzahl von 144 Mädchen und Jungen pro Schule dürfe nicht unterschritten werden. Bei der Anmeldung für das kommende Schuljahr waren gerade einmal acht neue Kinder an den Mönchengladbacher Förderschulen angemeldet worden.
Experten hatten erwartet, dass das neue Inklusions-Gesetz die Förderschulen ausbluten lassen würde. Jedes behinderte Kind hat nun das Recht, an einer „normalen“ Schule unterrichtet zu werden. Nach der aktuellen Prognose der Verwaltung werden aus 772 Schülern an Förderschulen im Schuljahr 2014/2015 dann nur noch 568 Mädchen und Jungen im Schuljahr 2019/2020.
Für die über viele Jahre engagierten Lehrer-Teams an den Förderschulen sind die Pläne zur Neustrukturierung ein Schlag. „Viele Pädagogen sind von den Plänen in den Osterferien überrascht worden“, berichtet ein Mitglied des Schulbetriebs. Die Lehrer erfuhren aus der Beratungsvorlage für den Schulausschuss davon.
Besonders getroffen gewesen sein sollen die Belegschaften in der Peter-Ustinov- und James-Krüss-Schule von den Plänen. Obwohl sie, wie die Verwaltung zugesteht, die gesetzlich vorgegebenen Mindestschülerzahlen mittelfristig sogar überschreiten würden, sollen auch sie in die Verbünde eingegliedert werde. Die beiden Teilstandorte der Ustinov-Schule sollen sogar schon 2015 komplett geschlossen werden. Die Begründung der Stadt: Ließe man beide aus den Verbünden der Förderschulzentren heraus, wäre deren Bestand in den kommenden Jahren wegen zu geringer Schülerzahl womöglich erneut gefährdet.
Kritisch sehen Lehrervertreter auch die Tatsache, „dass die neuen Strukturen insgesamt nicht nach pädagogischen Bedürfnissen erarbeitet wurden, sondern nur nach der Frage, wie man Räume voll bekommt“. So würden Kinder an ihnen fremden Standorten „zusammengemischt“. Gerade für Kinder mit emotionaler Störung sei das besonders schwierig. Sie bräuchten Heimat, Zugehörigkeit und Bezugspersonen.