Opfer aus der Silvesternacht kann Täter nicht identifizieren
Eine junge Gladbacherin will ihren Peiniger aus Düsseldorf im TV wiedererkannt haben. Beim Prozessauftakt hegte sie nun aber Zweifel.
In zwei von drei Anklagepunkten kann ein Mechaniker (33) aus Marokko beim Düsseldorfer Amtsgericht wohl mit Freisprüchen rechnen. In der ersten Verhandlung um sexuelle Übergriffe in der Silvesternacht in der Düsseldorfer Altstadt hat Taoufik M. gestern jede Aussage verweigert. Eine 18-jährige Auszubildende aus Mönchengladbach will ihn Wochen später aber im Beitrag eines Privatsenders wiedererkannt haben und hatte ihn daraufhin angezeigt. Doch beim Prozessauftakt ließ die junge Frau Zweifel erkennen, ob der Richtige angeklagt ist.
Vier Prozesstage hat das Amtsgericht reserviert, um auch noch den Vorwurf einer Sachbeschädigung zu prüfen. Doch in den ersten beiden Anklagepunkten wegen gefährlicher Körperverletzung und der sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht sorgten Widersprüche der Zeugen bereits für Verwirrung. Die 18-Jährige sagte aus, sie sei mit zwei Freundinnen zur Silvesterfeier in der Altstadt gewesen, wo sie von einer Gruppe aus 15 bis 20 Männern umzingelt worden seien. „Die haben uns geschubst, an die Brust und im Intimbereich angefasst. Da waren so viele Männer, man wusste gar nicht, wer einen da angefasst hat.“ Die Zeugin habe sich irgendwann wegmogeln können, doch dann habe ihr ein Mann ans Gesäß gefasst. Als sie ihn wegschubsen wollte, habe er ausgeholt, als wolle er sie schlagen, sei aber von seinen Kumpanen zurückgehalten worden.
Etwa drei Minuten habe das Martyrium gedauert. Sie habe große Angst gehabt und sei in Panik geraten. Schließlich habe sie sich in der Düsseldorfer Altstadt in eine Bar retten können, die von der Gruppe noch eine Zeit lang belagert worden sei. Sie sei nicht jemand, der schnell weint, sagte die Zeugin. Aber als sie im Fernsehen einen der Männer wiedererkannt habe, sei sie in Tränen ausgebrochen, so wie später im Polizeipräsidium, als sie den Mann in einer Bilderkartei erneut wiedererkannt habe.
Die große Narbe, die der Angeklagte auf der linken Wange trägt, sei ihr nicht aufgefallen, sondern eher die Mundpartie mit den hohen Wangenknochen. Es sei auffällig, dass sie den Mann im Laufe der Zeit immer besser beschreiben könne, normalerweise sei es umgekehrt, bemerkte der Richter. Der Kriminalbeamte, der die junge Frau vernommen hatte, findet das allerdings nicht so ungewöhnlich. Auf ihn habe die Frau sehr glaubwürdig gewirkt, den Mann sofort und spontan wiedererkannt.
Vor Gericht sagte die 18-Jährige nun: „Ich bin mir eigentlich sicher, aber zu 100 Prozent kann ich das nicht sagen.“ Sie wisse nicht, ob sie den Angeklagten von den TV-Bildern wiedererkenne oder von der Tatnacht. Auch könne sie nur vermuten, ob er zu der Männergruppe gehört hatte, die sie und ihre Freundinnen zuvor betatscht hatte. „Ich denke mal, er war dabei.“
Eine 16-Jährige, im fünften Monat schwanger vom Angeklagten, beteuerte zudem, der 33-Jährige sei in der Silvesternacht in der Düsseldorfer Altstadt „die ganze Zeit“ bei ihr gewesen. Das musste sie später zwar leicht einschränken. Aber ob der 33-Jährige hier zurecht angeklagt ist, bleibt dennoch unklar. Der Prozess wird am 20. April fortgesetzt.