Projekt gegen Salafismus startet
Polizeipräsident und Oberbürgermeister haben einen Kooperationsvertrag für ein Pilotprojekt unterschrieben.
Die islamistisch-fundamentalistische Szene wächst. Das ist auch in Mönchengladbach so. Unvergessen sind die Freitagsgebete der Salafisten auf dem Eickener Marktplatz mit Pierre Vogel und Sven Lau, der sich gerade in einem Terrorprozess verantworten muss. Zwei junge Frauen aus Mönchengladbach stehen zurzeit auf der Fahndungsliste, weil sie im Verdacht stehen, sich einer Terrorvereinigung angeschlossen zu haben. Es gab in der Stadt mehrere Festnahmen von Syrien-Rückkehrern, andere stehen unter besonderer Beobachtung des Verfassungsschutzes.
Mathis Wiesselmann, Polizeipräsident
„Wir haben hier zwar keinen Hotspot für den extremistischen Salafismus, aber wir wollen uns unserer Verantwortung stellen“, sagt Polizeipräsident Mathis Wiesselmann. Er und Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners haben gestern einen Kooperationsvertrag für ein neues gemeinsames Präventionsprojekt unterschrieben. Das soll Jugendliche widerstandsfähiger gegen die Missionierungsversuche von extremistischen Salafisten machen.
Ähnlich wie beim „Crashkurs“, der Schüler mit Schockbildern und Betroffenen-Berichten die Gefahren des schnellen Fahrens vor Augen halten soll, geht es auch bei dem Projekt „Kopfsache“ um Informationen — aber auch viel um Emotionen. „Wenn man sich die Videos von Hasspredigern und IS-Kämpfern ansieht, erkennt man, dass auch dort mit Emotionen gearbeitet wird“, sagt Detlev Boßbach. Kriminalrat und Chef des Mönchengladbacher Staatsschutzes. Mit gleichen Mitteln soll nun entgegengesteuert werden.
Videos von IS-Angriffen, Geräusche von Terror-Anschlägen sowie Berichte von einem Aussteiger und einer Mutter, deren Tochter in den Salafismus abrutschte (alles Mönchengladbacher), sollen Jugendliche immun machen gegen eine Radikalisierung. „Wir zeigen keine Leichenteile, aber die Bilder und Berichte gehen schon nahe“, sagt Boßbach.
„Unseres Wissens ist dieses Konzept einzigartig im Land“, sagt Wiesselmann. In einer Pilotphase findet die Aktion „Kopfsache“ zunächst einmal an vier Schulen mit jeweils 100 bis 150 Jugendlichen im Alter von 15 bis 19 Jahren statt. Bei der zweistündigen Veranstaltung sei auch ein Islamwissenschaftler dabei, der deutlich mache, dass extremistischer Salafismus nichts mit dem Islam und Muslimen zu tun habe, betont Reiners.
Den Schulen werde empfohlen, die Veranstaltung in ein längerfristiges Projekt einzubinden, sagt Schulamtsdirektor Claus Friedhoff. Unter der Leitung der Stadt unterstützt die Polizei die Schulen bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung.
Offenbar sind Radikalisierung und Salafismus bei vielen Schülern und in vielen Lehrerkollegien häufiger einmal Thema. „Als wir die ersten Schulen ansprachen, ob sie beim Projekt mitmachen wollen, sind wir offene Türen eingerannt. Alle haben sofort zugestimmt“, sagt Schulamtsleiter Harald Weuthen.
Auch für Menschen, die bereits in den Salafismus abgerutscht sind und sich radikalisiert haben, sowie für deren Umfeld soll es demnächst in Mönchengladbach Hilfe geben. Das Präventionsprogramm „Wegweiser“ des Landes NRW ist auf dem Weg. Im Moment wird Personal für die Beratungsstelle gesucht, die in Kürze ihre Arbeit aufnehmen soll.