Schloss Rheydt: Anfassen und Erinnern

In Schloss Rheydt können Alteneinrichtungen seit Freitag spezielle Führungen für Demente buchen.

Mönchengladbach. Der Film überfordert die Gruppe teilweise. Es sind sieben demente Bewohner des städtischen Altenheims in Eicken, die sich den Streifen von Schlössern und Burgen an der Niers aus der Vogelperspektive der aktuellen Ausstellung in Schloss Rheydt ansehen.

Die Orientierung darin fällt auch „normalen“ Besuchern nicht leicht. „Das ist trotzdem wichtig“, sagt Eva Uebe, die im Museum ihr Volontariat macht und mit zwei ähnlichen Besuchergruppen bereits Erfahrung gesammelt hat. „Sie haben früher hierhin Ausflüge unternommen, wissen noch, dass Schloss Rheydt ein Museum ist und wollen einen Rundgang“, sagt sie.

Später wird die Gruppe an einer Kaffeetafel in der Vorburg Platz nehmen. Die ist gedeckt mit dem guten elfenbeinfarbenen Porzellan mit Goldrand, der Sahneschüssel aus Bleikristall, Nelken in den typischen Blumenvasen der 50er und 60er Jahre und duftigen Servietten, die sich auf den Tellern plustern.

„Das ist die Zeit, an die sich die Menschen positiv erinnern“, sagt Museumspädagoge Klaus Möhlenkamp zu dem Konzept. Das Geschirr muss nicht bewahrt werden, da es nicht zum Bestand des Museums gehört. Es stammt aus dem privaten Fundus von Möhlenkamps Mutter, die es nicht mehr benutzen kann.

Eine Kaffeemühle ist ein weiteres Accessoire, das den Senioren die Reise in die Vergangenheit ermöglicht. „Das ist die Ansprache, auf die demente Menschen positiv reagieren“, sagt Helmut Wallrafen-Dreisow, Geschäftsführer der städtischen Sozialholding.

Er hat seine Mitarbeiterin Marlies Werner beauftragt, zusammen mit dem Museum ein Konzept für diese speziellen Besuchergruppen mit dem Museum zu erarbeiten. „Ich bin darin geschult, wie man diese Menschen ansprechen muss“, sagt sie. Das kann jetzt von allen Alteneinrichtungen genutzt werden.

Beim Kaffeetrinken vor dem großen Foto aus den 50er Jahren mit Autos vor der Rheydter Stadthalle werden Exponate herumgereicht, wie etwa ein Opernglas, ein Hut oder ein glitzerndes Handtäschchen sowie eine Zeiss Ikon Kamera dieser Zeit. „Davon haben die Menschen noch tagelang erzählt“, sagt Werner. „Und dass ihnen die Sachen wieder abgenommen wurden, fanden sie blöd.“ So wurde das Kurzzeitgedächtnis wieder aktiviert. boe