Sessionsauftakt: Handküsse statt jecke Bützchen
Die Karnevalisten wappnen sich gegen die Neue Grippe. MKV-Chef Gothe will allzu engen Körperkontakt vermeiden. Aber nicht alle sehen das so.
Mönchengladbach. Karnevalisten mögen den Austausch von Zärtlichkeiten. Sie wollen schunkeln, bützen und umarmen. Berührungen gehören zur fünften Jahreszeit ebenso dazu wie die musikalische Dauerrotation von Höhner- oder Brings-Schlagern.
Der Kuschelfaktor im Karneval - er ist auch in Mönchengladbach essentiell. Doch was tun, wenn eine Pandemie wie die Schweinegrippe um sich greift - und beim Körperkontakt in den Festsälen akute Ansteckungsgefahr besteht?
Bernd Gothe, Chef des Mönchengladbacher Karnevals-Verbands (MKV), weiß jetzt schon, zum Auftakt der Session in dieser Woche, was für ihn nicht in Frage kommt: seine jecken Kameraden zu bützen. Er will eine Krankheitsübertragung vermeiden. Auf Gesten der Zuneigung wird er aber nicht verzichten. Gothe will stattdessen ausgiebig Handküsse verteilen - die halten mitfeiernde Narren auf Distanz und versprühen dennoch Charme.
Der MKV-Chef sagt: "Wenn Handküsse zum Standardrepertoire in den Karnevalsvereinen zählen, ist schon viel getan, um eine weitere Ausbreitung der Schweinegrippe zu verhindern." Ob Gothe, der gestandene Karnevalist, aber tatsächlich auch das Schunkeln bleiben lässt, ist schwer vorzustellen.
Zwar spricht der MKV "keine generellen Empfehlungen" aus, ein paar weitere Hygiene-Ratschläge hat Gothe aber trotzdem auf Lager: Er legt den Karnevalsvereinen beispielsweise nahe, bei den Saalsitzungen gewissenhaft die Gläser zu spülen. Außerdem empfiehlt er, während der Feiern nicht permanent von der molligen Wärme im Saalinneren ins Freie zu laufen, um dort in der Winterkälte eine Kippe zu rauchen. "Da kann man sich schnell erkälten." Und wer gesundheitlich geschwächt ist, läuft eher Gefahr, sich anzustecken.
Die Karnevalsgesellschaft "Alles onger ene Hoot" kündigt an, bei ihren Sitzungen Desinfektionsmittel in den Toiletten bereitzustellen. Aber Geschäftsführerin Elke Brenneis glaubt nicht, dass sich "die Jecken das Schunkeln und Bützen" nehmen lassen wollen.
Sie muss es wissen: Immerhin hat sie bis zum jetzigen Zeitpunkt schon einige Sitzungen besucht. Und dort "sei alles so ausgelassen wie immer" gewesen - eng an eng, kuschelig wie eh und je. Ob sich die Devise durchsetzen wird, Handküsse statt Bützchen zu verteilen, könnte sich also als schwierig herausstellen.
Bei der Großen Gladbacher Karnevalsgesellschaft winkt der Geschäftsführer Rolf Terhaag gleich ab. Seine lapidaren Worte: "Bei uns spielt die Schweinegrippe keine Rolle." Das Thema werde "ignoriert". Terhaag findet, dass die Debatte um die Infektionsgefahr bei der Schweinegrippe "in den Medien hochgekocht" wird.